Münchner NS-Dokuzentrum zeigt Schau zu Rechtsterrorismus

Sie sehen den Staat als Feind, hassen Menschen wegen ihrer Hautfarbe und wollen von Vielfalt nichts wissen. Eine Münchner Schau beleuchtet Anschläge von Rechtsterroristen – und den teils erschütternden Umgang damit.

„Anerkennen. Aufklären. Verändern“ steht in Leuchtschrift an der Wand. Jene Worte lesen die Besucherinnen und Besucher am Anfang, wenn sie über die Treppe in den ersten Stock des NS-Dokumentationszentrums München kommen. Damit wird klar, was die dort vom 18. April bis 28. Juli gezeigte Sonderausstellung „Rechtsterrorismus“ soll: informieren, vor allem aber sensibilisieren. Denn wie oft passierte es in der Vergangenheit, dass in Deutschland rechtsterroristische Anschläge wie jene des NSU erst spät als solche benannt wurden und deren Opfer mit Traumata und finanziellen Sorgen alleingelassen wurden.

Die als Wanderausstellung konzipierte Schau, die schon in Nürnberg zu sehen war und nun für die bayerische Landeshauptstadt überarbeitet wurde, nimmt besonders die Betroffenen in den Blick. Eine Perspektive, die sich auch im Begleitprogramm widerspiegelt. So sind viele Veranstaltungen geplant, bei denen Überlebende und Hinterbliebene zu Wort kommen sollen. Das Team um die Kuratoren Imanuel Baumann und Ulla-Britta Vollhardt hat 25 internationale wie und nationale Fälle intensiv recherchiert und multimedial aufbereitet.

Den Anfang macht das Münchner Oktoberfestattentat vom 26. September 1980. 13 Menschen kamen ums Leben, 221 wurden teils schwer verletzt. Die Polizei ging vom Einzeltäter Gundolf Köhler ohne politischen Hintergrund aus. Dabei deuteten Zeugenaussagen durchaus auf mögliche Mittäter und ein politisches Motiv. Köhler selbst war Mitglied der rechtsextremen „Wiking-Jugend“ gewesen und hatte Kontakt zur „Wehrsportgruppe Hoffmann“.

Erst 2014 leitete der Generalbundesanwalt neue Ermittlungen ein. Nach einer fünfjährigen Untersuchung wurde festgehalten, dass der Attentäter aus rechtsextremer Motivation handelte. Demnach sollte durch den Anschlag die im Oktober 1980 stattfindende Bundestagswahl zugunsten des CSU-Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß beeinflusst werden und später ein „Führerstaat“ errichtet werden. Ein Abfalleimer, ein Verkehrsschild sowie eine 3D-Animation zeigen, wie der Anschlag aufwendig rekonstruiert wurde.

Einer der Überlebenden ist Robert Platzer (heute Höckmayr). Der damals Zwölfjährige wollte sich mit seinen Eltern und den vier Geschwistern einen schönen Tag auf der Wiesn machen. Die Familie war nur wenige Meter vom Attentäter entfernt, als der Sprengsatz explodierte. Er, seine Geschwister Wilhelm und Elisabeth sowie seine Eltern überlebten schwer verletzt, Ilona (7) und Ignatz (6) nicht. Zwei Sterbebildchen mit lachenden Kinderfotos erinnern an die beiden. Die Familie zerbrach an dem Unglück, die weiteren Geschwister von Robert nahmen sich das Leben.

Bis heute hat Höckmayr 26 Metallsplitter in seinen Körper. Jahrzehntelang kämpfte er um Anerkennung und finanzielle Entschädigung. An den damaligen Ministerpräsidenten Strauß und besonders an dessen Kommentar, als dieser den Buben am Krankenbett besuchte, kann er sich bestens erinnern. So soll der CSU-Politiker gesagt haben: „Im Krieg habe ich schon Schlimmeres gesehen.“

Ebenfalls erst im Nachhinein wurde der Anschlag im Münchner Olympia-Einkaufszentrum vom 22. Juli 2016, bei dem neun junge Menschen durch einen jugendlichen Attentäter starben, als „politisch rechts“ motiviert eingestuft. Ausgestellt ist auch der aus Eichenholz gearbeitete Türrahmen der Synagoge von Halle an der Saale. Mitsamt der Eingangstür hielt er 2019 den Sprengsätzen und dem Beschuss stand. Ein geplanter Massenmord konnte so verhindert werden.

Gegen Fanatismus formiert sich aber auch Widerstand. Musikerinnen und Musiker setzten sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit Rechtsterrorismus auseinander, wie Hörbeispiele belegen. Die Punkband „Die Goldenen Zitronen“ kritisierten mit „Das bißchen Totschlag“ 1994 den politischen Umgang mit Rechtsextremismus. Schlager-Ikone Wolfgang Petry schrieb nach den Brandanschlägen in Mölln und Solingen 1993 die Benefiz-Single „Wer die Augen schließt (wird nie die Wahrheit seh’n)“ – als ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und für mehr Toleranz.