Möge die Macht mit dir sein: Wie viel Religion steckt in “Star Wars”?

Das Filmfestival von Cannes steht in diesem Jahr auch im Zeichen des US-amerikanischen Regisseurs George Lucas. Wir gehen auf Spurensuche und fragen: Was hat “Star Wars” mit der Bibel zu tun?

Trittt in "Star Wars" wie ein Messias auf: Anakin Skywalker (Hayden Christensen)
Trittt in "Star Wars" wie ein Messias auf: Anakin Skywalker (Hayden Christensen)Imago / Allstar

Wohlbekannte Klänge werden durch den Saal in Cannes, wenn der Meister am Freitag nach vorne geht. Zu den Tönen der Musik von John Williams, einer anderen Hollywood-Legende, nimmt George Lucas die Trophäe entgegen. Williams schrieb die Musik – und vor allem die Titel-Fanfaren – zu den beiden Filmzyklen, die untrennbar mit dem Namen von George Lucas verbunden sind, der neunteiligen „Star Wars“-Saga und den mittlerweile fünf Filmen der „Indiana Jones“-Abenteuer. In beiden Zyklen verbinden sich Kinomythologie mit technischen Innovationen und einem Gespür für Unterhaltung.

Die „Indiana Jones“-Filme um den Archäologen mit dem Hut und der Peitsche, die mit „Jäger des verlorenen Schatzes“ 1981 begannen, kann man noch als Verbeugung vor den vielen Abenteurern des Kinos seit den 1930er Jahren sehen. Mit der „Star Wars“-Saga aber gelang Lucas die Erschaffung eines ganz eigenständigen Universums, das man so noch nicht gesehen hatte – selbst im erfindungsreichen Science-Fiction-Genre nicht.

Star Wars folgt dem Ur-Erzählschema der Guten gegen die Bösen

Die Handlung von Star Wars folgt dem Ur-Erzählschema der Guten gegen die Bösen und David gegen Goliath. Sie zeigt eine futuristische Gesellschaft, in der man, wie Lucas einmal sagte, „mit Raumschiffen und Laserstrahlen gegen einen mit allen Knüppeln bewaffneten Gegner kämpfen muss“, wobei die Schwachen Sieger seien und die Technologie Verlierer bleibe.

Fans feiern den "Star Wars"-Tag in Mexiko
Fans feiern den "Star Wars"-Tag in MexikoImago / Eyepix Group

Die „Star Wars“-Saga mit ihrem legendären Anfangstitel „Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …“ ist ein hoch raffinierter Mix aus Märchen, Religion und Ritter-Epos: Die „Jedi“ genannten Figuren der Saga sind so etwas wie ein Ritter- oder Mönchs-Orden: Die asketisch und zölibatär lebenden Mystiker und Kämpfer haben sich der „Macht“ verschrieben; sie ist eine allumfassende, unsichtbare Kraft, die das Universum durchdringt und im Gleichgewicht zwischen „hell“ und „dunkel“ gehalten werden muss.

Das erinnert stark an das taoistische Konzept von Yin und Yang, aber auch an dualistische Konzepte anderer Religionen. Die Bösewichte auf der anderen Seite der Macht („Sith“) sind abgefallene Ritter, die den Versuchungen der dunklen Seite erliegen – klare Anklänge an den gefallenen Engel Luzifer aus der Bibel.

Luke und Anakin Skywalker verkörpern das Konzept des Messias

An die Bibel erinnert auch die Vorstellung von den „Auserwählten“: Luke und vor allem Anakin Skywalker verkörpern das Konzept des Messias. Sie sind die Verheißenen, die der Macht das Gleichgewicht bringen sollen. Auch die mehrfache Thematisierung von Wiedergeburt oder Weiterleben nach dem Tod in einer anderen Sphäre zeigen deutliche Bezüge zu Christentum, Hinduismus oder Buddhismus.

Das alles ist kein Zufall. Georg Lucas war nach eigenen Aussagen deutlich beeinflusst von den Ansichten Joseph Campbells, einem Mythenforscher, für den alle wichtigen Religionen auf einer gemeinsamen Grundlage, auf gemeinsamen Grundthemen aufbauten. In Star Wars zeigt Lucas diese Grundthemen, arbeitet sie erzählerisch und spannend heraus. Damit traf er offenbar exakt den Nerv der Zeit.

“Star Wars” läutete die Ära der Blockbuster ein

Den Charme der ersten Trilogie um die drei Hauptfiguren Luke Skywalker (Mark Hamill), Prinzessin Leia (Carrie Fisher) und dem Abenteurer Han Solo (Harrison Ford) machen aber natürlich auch die Nebenfiguren aus: die lustigen Roboter C-3PO und R2-D2, der Wookiee Chewbacca und der Jedi Yoda, Luke Skywalkers Lehrmeister, der gerne in Rätseln spricht in seiner seltsam verdrehten Sprache. „Keine Geduld hat der junge Mensch. Viel Zorn in ihm“, sagt er einmal über seinen Schüler.

Lichtschwerttraining der Saber Academy in Karlsruhe. Sechs Schritte vorwärts, sechs zurück, rechts blocken, links blocken
Lichtschwerttraining der Saber Academy in Karlsruhe. Sechs Schritte vorwärts, sechs zurück, rechts blocken, links blockenepd-bild / Uli Deck

Das Studio Twentieth Century Fox, das „Krieg der Sterne“ eher halbherzig produzierte, glaubte nicht an den Film. Er wuchs sich allerdings, nachdem er am 25. Mai 1977 in die US-amerikanischen Kinos gekommen war, zu einem gigantischen Erfolg aus und läutete die Ära der Blockbuster ein. In schneller Folge produzierte Lucas „Das Imperium schlägt zurück“ (1980) und „Die Rückkehr der Jedi Ritter“ (1983) mit anderen Regisseuren.

Lucas verkauft seine Firma Lucasfilm an den Disneykonzern

Natürlich ist die „Star Wars“-Saga auch eine Maschine zum Gelddrucken. Lucas selbst hatte kein hohes Regie-Honorar gefordert, sondern die Rechte am Merchandising, was zu einem milliardenschweren Geschäft wurde. Auch das hatte es in dieser Form zuvor in der Filmgeschichte noch nicht gegeben.

Um die Jahrtausendwende inszenierte Lucas selbst eine Vorgeschichte dazu (Episode 1 bis 3), die den Aufstieg Anakin Skywalkers zum Oberbösen Darth Vader beschreibt und von der Kritik ziemlich verrissen wurde. Ab 2015 kam mit „Das Erwachen der Macht“ eine Anschlussgeschichte ins Kino, mit der weiblichen Heldin Rey (Daisy Ridley). Damit hatte Lucas aber nichts mehr zu tun, er hatte 2012 seine Firma Lucasfilm an den Disneykonzern verkauft, für vier Milliarden Dollar. Insgesamt soll die „Star Wars-Saga“ zehn Milliarden Dollar eingespielt haben.