Mit einem hoffnungsvollen Blick nach vorn

Am 26. März 2011 wurde Ralf Meister als evangelischer Landesbischof in Hannover eingeführt. Jetzt kann er auf zehn Jahre in diesem Amt zurückblicken.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat die 2007 veröffentlichte Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als einen „immer noch tauglichen ethischen Kompass zur Frage nach Krieg und Frieden“ verteidigt
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat die 2007 veröffentlichte Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als einen „immer noch tauglichen ethischen Kompass zur Frage nach Krieg und Frieden“ verteidigtJens Schulze / epd

Hannover. Die Hühner picken noch immer im Gras hinter der Bischofskanzlei am Maschsee. Landesbischof Ralf Meister hat sie vor drei Jahren angeschafft, als sich sein Sohn für ein Schulprojekt einen Hühnerstall bauen ließ. Seitdem weiß die Familie alles über Hühneraufzucht, und der Bischof kann sich morgens sein Frühstücksei persönlich aus dem Garten holen. Der enge Kontakt zur Natur ist typisch für den Theologen, dem die Bewahrung der Schöpfung ganz besonders am Herzen liegt: „Ich glaube, dass die intensive Auseinandersetzung, wie wir verantwortlich mit der Schöpfung umgehen, heute die Aufgabe für jeden Menschen ist.“

Seit genau zehn Jahren steht der 59-jährige gebürtige Hamburger an der Spitze der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland. Am 26. März 2011 wurde er in der Marktkirche in Hannover in sein Amt eingeführt – als Nachfolger von Margot Käßmann, die im Februar 2010 zurückgetreten war. Im November 2010 konnte Meister bei der Bischofswahl in der Synode im zweiten Wahlgang deutlich mehr als zwei Drittel der Stimmen für sich gewinnen.

Meister hat als Landesbischof eigenes Profil entwickelt

Als umsichtiger Gesprächspartner für Politik und Gesellschaft, als nachdenklicher Prediger und als aufmerksamer Beobachter von Kunst und Kultur. Die Kirche lebe nicht von ihren Strukturen, sondern von der Gemeinschaft, sagt der passionierte Motorradfahrer und Film-Fan. Und die wiederum lebe von ihrem spirituellen Kern: „Zusammenhalt gelingt durch die große verbindende Geschichte, dass Gott es mit dem Menschen zu tun haben will.“

Deshalb hat der Bischof stets über den niedersächsischen Tellerrand hinausgeblickt. Als Ko-Vorsitzender der „Meissen-Kommission“ ist er mitverantwortlich für das Gespräch der deutschen Protestanten, mit der Anglikanischen Kirche von England. Aus vielen Begegnungen mit den Briten haben sich inzwischen Freundschaften entwickelt: „Wenn es gelingt, die Partnerschaft zur Kirche von England zu vertiefen, ist das für beide Seiten auch angesichts des Brexit ein Dienst für die Menschen und ein Dienst für die Gemeinschaft der Christinnen und Christen weltweit.“

Längst auf überregionalem Parkett unterwegs

Vor drei Jahren wählte ihn die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) zu ihrem Leitenden Bischof. Damit gehört Meister, der seit Studienzeiten enge Kontakte zu jüdischen Gemeinden pflegt, bundesweit zu den führenden Vertretern der Protestanten. Immer wieder überrascht er mit markanten Positionen. So lobte er vor einem Jahr aus seelsorgerlichen Gründen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Sterbehilfe, das die Selbstbestimmung am Lebensende gestärkt hatte – ein Urteil, mit dem andere Kirchenleute hadern.

Fragen von Umwelt und Klimaschutz beschäftigen ihn stark. So gehörte Meister bis 2016 zu der bundesweiten Kommission, die Kritierien für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll erarbeitete. „An der Endlagerfrage können wir unglaublich viel erkennen über das menschliche Handeln“, sagt er. „Auch wenn wir nach bestem Wissen und Gewissen handeln, können doch massive Fehler entstehen, die wahrscheinlich noch Hunderte von Generationen betreffen.“

Meister unterstützt Jugendliche von „Fridays for Future“

Vor einigen Jahren hat der Vater dreier Kinder die Jugendlichen von „Fridays for Future“ ins Kirchenparlament eingeladen. „Wir müssen unseren Teil dazu tun, dass unser Planet zukünftig ein Ort sein wird, in dem der Mensch im Schalom mit der Schöpfung leben kann“, betont der Theologe, der sich selbst als „Hoffnungsmensch“ beschreibt. Weil ihm die Zukunft der kommenden Generationen so wichtig ist, erhält seit Meisters Amtszeit auch jedes Kind zum Schulanfang ein Geschenk des Landesbischofs.

Um zukunftsfähig zu sein, dürfe die Kirche nicht in alten Denkmustern erstarren, findet Meister. Der christliche Glaube müsse angesichts gesellschaftlicher Veränderungen elementar erklärt werden, damit die Kirche hilfreich für sinnsuchende Menschen bleibe und Hoffnung in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie stiften könne. Denn eins ist für Meister klar: „Wir brauchen eine Quelle, die uns über die Bedrängnis und Erschöpfung der aktuellen Pandemie-Einschränkungen hinausträgt.“