Margot Käßmann: Missbrauchsaufklärung muss weitergehen
Die Aufklärung zum Missbrauch muss nach der Vorstellung der Studie weitergehen, fordert Margot Käßmann. Und sie sagt, was nun nachgeholt werden muss.
Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, dringt nach Vorlage der Studie über sexualisierte Gewalt im Raum der evangelischen Kirche auf weitere Aufklärung. Käßmann äußerte im Deutschlandfunk Unverständnis darüber, dass das unabhängige Forscherteam nicht flächendeckend alle Personalakten der 20 Landeskirchen untersuchen konnte. „Meines Erachtens muss das nachgeholt werden“, sagte die Theologin, die von 1999 bis 2010 hannoversche Landesbischöfin und ab Ende Oktober 2009 rund vier Monate EKD-Ratsvorsitzende war.
Das von der EKD beauftragte Forscherteam hatte am Donnerstag seine Studie vorgestellt, in der für den Zeitraum von 1946 bis 2020 von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern die Rede ist. Dies Zahlen seien allerdings in einer „sehr selektiven Stichprobe“ ermittelt worden und bildeten keineswegs das Ausmaß sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie ab.
Missbrauch: Nur eine Landeskirche öffnete Personalakten
Bei der Vorlage der Studie beklagten die Wissenschaftler, dass anders als geplant nur eine Landeskirche Einsicht in alle Personalakten ermöglichte und die Untersuchung sich ansonsten überwiegend auf Disziplinarakten stützen musste. Die Forscher entdeckten spezifische Risikofaktoren, die Missbrauch und auch dessen Vertuschung in der evangelischen Kirche und der Diakonie begünstigt haben.
Käßmann sagte, die Studienergebnisse enthielten die „bittere Erkenntnis“, dass Missbrauch in diesem Ausmaß in der evangelischen Kirche möglich war. „Dass in der Kirche dann auch noch vertuscht wurde, was gewusst wurde, das ist furchtbar“, sagte die Theologin: „Die Täter waren mitten unter uns.“