Mehr Hitzeschutz für Kliniken und Pflegeeinrichtungen gefordert

Krankenhäuser und Pflegeheime in Deutschland müssen sich auf Hitzeperioden einstellen. Was Experten empfehlen, um die Zahl der Hitzetoten zu verringern.

Wissenschaftler rechnen mit einer zunehmenden Zahl von Hitzeperioden in Deutschland und Europa. Das hat Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden von Millionen Menschen – vor allem von Älteren und Kranken. Wissenschaftler und Mediziner fordern deshalb einen Mix aus kurzfristigen Maßnahmen, die helfen, Menschen vor akuter Hitze zu schützen, und einem langfristigen Umbau von Städten, Gemeinden und Einrichtungen wie Krankenhäusern und Altenheimen, um sie an heißere Sommer anzupassen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Ärzteverbände und Sozialorganisationen haben dazu am Freitag in Berlin Empfehlungen für den Gesundheitsbereich vorgestellt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Fakten und Maßnahmen, um auf diese Entwicklung zu reagieren.

Der Deutsche Wetterdienst ruft eine erste Hitzewarnstufe aus, wenn die gefühlte Temperatur zwei Tage in Folge 32 Grad übersteigt. Übersteigt die gefühlte Temperatur 38 Grad, gilt die zweite Warnstufe. Gesundheitliche Auswirkungen hat Hitze insbesondere für alte und chronisch kranke Männer und Frauen. Laut Deutschem Wetterdienst herrscht für ältere Menschen bereits ab einer Gefühlten Temperatur von 36 Grad eine extreme Belastung. Auch Kleinkinder und Säuglinge gelten als Risikogruppe sowie Obdachlose und Menschen, die aktiv im Freien arbeiten. Gefährlich können auch “Tropennächte” sein, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt und der Körper sich dadurch weniger gut erholen kann. Im Sommer 2003 haben laut Wetterdienst Hitzewellen in Europa schätzungsweise 35.000 bis 50.000 Menschen das Leben gekostet. Einige Tausend Menschenleben waren auch in Deutschland zu beklagen.

Da Hitze im Normalfall nicht als Todesursache angegeben wird, ermittelt das Robert Koch-Institut regelmäßig Schätzungen der hitzebedingten Sterbefälle in Deutschland. Hierfür werden die tagesgenauen Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes mit den Temperaturmessungen des Deutschen Wetterdienstes kombiniert, um herauszufinden, ob an besonders heißen Tagen überdurchschnittlich mehr Menschen gestorben sind. Das sei mittlerweile, so Lauterbach, bis auf den Landkreis genau bestimmbar.

Die Temperatur von Luft und Boden in der Stadt ist meist deutlich wärmer als im Umland. Mit Beton und Asphalt versiegelte Böden absorbieren Sonneneinstrahlung. Außerdem verdunstet durch die geringere Vegetation weniger Wasser; der dadurch bedingte Kühleffekt ist geringer. Auch Gebäude tragen zu Wärmeinseln bei, indem sie die Oberfläche der Stadt vergrößern, in der Wärme gespeichert wird, und indem sie für weniger Luftaustausch sorgen. Abgase aus dem Verkehr, der Industrie, dem Heizen und Kühlen von Gebäuden verstärken die Hitze noch weiter.

Seit einigen Jahren arbeitet die deutsche Politik an Maßnahmen, um die Folgen von Hitze abzumildern. 2017 veröffentlichte das Bundesumweltministerium eine Richtlinie, die Ländern und Kommunen dabei helfen soll, Hitzeaktionspläne zu erstellen. Diese Pläne sollen ein Hitzewarnsystem etablieren, akute Maßnahmen für das Vorgehen bei Hitze sowie langfristige Maßnahmen für die Stadtplanung enthalten und außerdem festschreiben, wie diese Maßnahmen überwacht werden. Einige Kommunen und Bundesländer haben bereits einen Hitzeaktionsplan entwickelt und sind dabei, ihn umzusetzen.

Mittel- bis langfristig soll der Hitzeschutz bei Neubauten, Umbauten und Renovierungsarbeiten berücksichtig werden. Dabei sollen etwa Lüftungsmaßnahmen, Kühl-Zonen oder Fassadenbegrünung gegen hohe Temperaturen schützen. Wärmeempfindliche Medikamente und Materialien müssen angemessen gelagert werden. Kurzfristig sollen Hitzeschutzpläne entwickelt und Beauftragte ernannt werden, die sich um das Thema kümmern und Mitarbeiter und Patienten über angemessenes Verhalten informieren. Während einer Hitzeperiode sollen Speise- und Getränkeversorgung angepasst werden. Verletzliche Patientinnen und Patienten sollen verstärkt beobachtet werden; besonders heiße Zimmer sollten geschlossen werden.

Auch hier wird die Erstellung individueller Hitzeschutzpläne und die Benennung einer verantwortlichen Person für den Hitzeschutz vorgeschlagen. Die Experten empfehlen zudem, sich beim Newsletter des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes anzumelden, damit entsprechende Warnungen bei allen ankommen. Vor und während der Hitzeereignisse sollten Pflegeeinrichtungen und -dienste Einrichtungen abdunkeln und Kühl-Zonen einrichten, Wasser-, Wäsche-, Bedarfsartikel- und Hilfsmittelvorräte überprüfen sowie pflegebedürftige Personen, Angehörige und Mitarbeitende umfassend aufklären. Pflegebedürftige sollen hinsichtlich hitzebedingter Symptome verstärkt beobachtet werden.

Aus Sicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz braucht es einen verbindlichen Investitionsplan für die rund 1.700 Krankenhäuser und 12.000 Pflegeeinrichtungen. Sonst verliere sich der Hitzeschutz von Millionen alten, pflegebedürftigen und kranken Menschen in Absichtserklärungen. Vorstand Eugen Brysch forderte am Freitag, dass die Bestandsbauten spätestens in drei Jahren an die klimatischen Bedingungen gepasst werden müssten. Auch müsse bei Neubauten sichergestellt sein, dass die Zimmertemperatur die 25-Grad-Marke nicht übersteige. Dies müsse auch baurechtlich verankert werden.