Mecklenburger Altbischof Heinrich Rathke feiert 95. Geburtstag

Der frühere Landesbischof der ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, Heinrich Rathke, hat am Dienstag sein 95. Lebensjahr vollendet. Der promovierte Theologe war von 1971 bis 1984 Landesbischof und stand zudem von 1977 bis 1981 als Leitender Bischof an der Spitze der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR, teilte die evangelische Nordkirche mit. Mit seiner klaren Haltung gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit habe er die Kirche in DDR-Zeiten geschützt, hieß es. Obschon auf Lebzeiten gewählt, habe er eine zweite Amtsperiode als Landesbischof abgelehnt und als Befürworter einer zeitlichen Begrenzung kirchlicher Ämter das Gemeindepfarramt in Crivitz (bei Schwerin) übernommen. Rathke lebt seit 1991 im Ruhestand in Schwerin.

„Sein mutiges Engagement für die Verfolgten von SED-Diktatur, Nationalsozialismus und Stalinismus haben Generationen von Theologen inspiriert“, sagte Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt laut Mitteilung. Geprägt von seinen Kriegserfahrungen in früher Jugend habe Heinrich Rathke stets gegen diktatorische Regime gekämpft, sich für Menschenrechte sowie die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt. „Heinrich Rathke sind Werte wie Mitmenschlichkeit, Zivilcourage und Gottvertrauen wichtig. Er lebt sie, auch wenn es ihm Nachteile gebracht hat“, sagte Kühnbaum-Schmidt.

Bischof Tilman Jeremias (Greifswald) würdigte den Altbischof bei seinem Geburtstagsbesuch als „absolut bodenständigen und bescheidenen Menschen“. Bereits als Pastor im Neubaugebiet Rostock-Südstadt sei Rathke Widrigkeiten mit Kreativität und unkonventionellen Mitteln begegnet: So habe er in einem alten Zirkuswagen gepredigt, da es kein Kirchengebäude gab. „Heinrich Rathke war stark vom Theologen und Widerständler Dietrich Bonhoeffer beeinflusst und hat dessen Leitwort von der ‚Kirche für andere‘ stark gemacht“, sagte Jeremias laut Mitteilung. Er habe die Einführung des Wehrkundeunterrichts kritisiert und sich für pazifistische Jugendliche eingesetzt.

Der aus einem mecklenburgischen Pfarrhaus stammende Heinrich Rathke war nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft zunächst in Lübeck zu Hause und machte dort auch das Abitur. Daran schloss sich sein Theologiestudium an mehreren westdeutschen Universitäten an. Entgegen der ursprünglichen Absicht, in den Dienst der bayerischen Landeskirche zu treten, kehrte er 1954 nach Mecklenburg zurück.

Nach Vikariat und Pfarrdienst in Bad Doberan, Warnkenhagen und Rostock sowie einer kurzen Tätigkeit als Landespastor für Volksmission wurde er im März 1971 Nachfolger des damaligen Schweriner Bischofs Niklot Beste. Von 1978 bis 1980 war er auch Vorsitzender des DDR-Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes.

Nach der friedlichen Revolution in der DDR berief ihn seine Landeskirche in einen Vertrauensrat zur Aufarbeitung kirchlicher Stasi-Verstrickungen. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern gehörte er zudem mehrere Jahre dem Beirat der Stasi-Unterlagen-Behörde an. Rathke ist auch Ehrendoktor der Rostocker Universität. Im Jahr 2000 wurde er der erste Ehrenbürger der Stadt Crivitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim).

In seinem Ruhestand kümmerte er sich in besonderer Weise um die russlanddeutschen Gemeinden in Mittelasien. Im Rahmen dieser Arbeit war er von 1991 bis 1994 Bischöflicher Visitator von Kasachstan. Zudem begleitete er Menschen seelsorgerisch, die immer noch unter dem erlebten DDR-Unrecht und den Aktivitäten des DDR-Staatssicherheitsdienstes leiden.

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburg entstand zum Jahreswechsel 1933/34, als sich die bis dahin getrennten Landeskirchen von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zusammenschlossen. Sie vereinigte sich an Pfingsten 2012 mit der Pommerschen Evangelischen Kirche sowie der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche).