Magazin: Gespräche mit Usbekistan über Abschiebung von Afghanen

Nach dem Messer-Attentat von Mannheim werden Rufe lauter, Straftäter auch nach Afghanistan abzuschieben. Doch dazu müsste man mit den Taliban verhandeln, argumentieren viele dagegen. Es sei denn, man findet andere Wege.

Laut einem Bericht des “Spiegel” (Sonntag) führt die Bundesregierung Gespräche mit Usbekistan, um Abschiebungen von Deutschland nach Afghanistan ohne direkte Absprachen mit den Taliban zu ermöglichen. Bereits in der letzten Mai-Woche sei eine Delegation aus dem Haus von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in die Hauptstadt Taschkent gereist und habe darüber verhandelt.

Die Delegation habe der usbekischen Regierung vorgeschlagen, ausreisepflichtige Abschiebekandidaten nach Taschkent bringen, um sie von dort mit der privaten Fluggesellschaft “KamAir” weiter ins Nachbarland zu transportieren. Die usbekische Regierung habe in Aussicht gestellt, dabei helfen zu können. Auch die Airline halte das Verfahren für möglich, das Management verfüge über belastbare Kontakte zu den Taliban.

Die Regierung Usbekistans wolle, so der “Spiegel” weiter, vor einem Deal über Abschiebungen ein formelles Migrationsabkommen mit Deutschland unterzeichnen, um die Einreise von usbekischen Fachkräften nach Deutschland zu regeln. Joachim Stamp (FDP), der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, werde kommende Woche zu Gesprächen darüber nach Usbekistan reisen.

Nach der Messer-Attacke eines Afghanen in Mannheim, bei dem Ende Mai ein Polizist starb, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, er wolle Straftäter aus Afghanistan wieder dorthin abschieben lassen.

Deutschland hatte die Abschiebungen nach Afghanistan kurz vor der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 gestoppt. Die Gespräche mit Usbekistan, die schon vor der Messer-Attacke von Mannheim starteten, seien innerhalb der Bundesregierung umstritten, berichtet das Magazin weiter.

Das Auswärtige Amt, das die Gespräche durch den deutschen Botschafter Tilo Klinner begleite, sehe die Abschiebungen von Afghanen kritisch – egal ob direkt oder über ein Nachbarland. Hintergrund seien Befürchtungen, dass den Abgeschobenen Repressalien drohen könnten. Denn in einem vertraulichen “Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan” vom Juli 2023 werde diese Lage als kritisch beschrieben. Das Papier warne in dem Zusammenhang auch vor der Rückführung von Straftätern aus Deutschland.

Die Taliban hatten kürzlich erklärt, sie würden die Rückführung von Afghanen über Drittländer kategorisch ablehnen. Bei der Innenministerkonferenz von Mittwoch bis Freitag sowie bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag mit Bundeskanzler Scholz wird das Thema Abschiebung nach Afghanistan eine Rolle spielen. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), sie könne den Bericht des “Spiegel” nicht bestätigen.