„Luther wäre sehr zufrieden mit uns“

Es sind noch mehr Menschen gekommen als erwartet: 120.000 Menschen feiern den Abschlussgottesdienst des Kirchentags in Wittenberg. Das schönste Lob bei bestem Wetter kommt von Bundespräsident Steinmeier.

Gute Stimmung auf den Elbwiesen bei sommerlichen Temperaturen
Gute Stimmung auf den Elbwiesen bei sommerlichen TemperaturenThomas Lohnes / epd

Auf der Festwiese tummeln sich nach Angaben der Veranstalter etwa 120.000 Menschen, noch mehr als erwarteten 100.000. Untern ihnen sind viele junge Gläubige. Genau an sie wendet sich auch Makgoba in seiner Predigt und ruft sie zum Einsatz für eine bessere Welt auf: "Hört die Schreie der Mitmenschen und des Planeten", mahnt der Primas der Anglikanischen Kirche des südlichen Afrika. "Seid radikal", ruft der 56-Jährige den Jugendlichen zu: "Lasst Euch nicht entmutigen." Der Nachfolger von Desmond Tutu bittet die junge Generation, etwas zu tun, "wenigstens nur eine Sache, um der Liebe, Menschenwürde, Freiheit und um Christi willen."

Noch mehr Gemeinschaft

Gabaipone Ramesega aus Südafrika kennt den Erzbischof. "Ich habe ihn schon mal in Johannesburg gehört", erzählt sie. Die 22-Jährige ist Teil der Besuchergruppe aus der Partnergemeinde von Hanau. Den Gottesdienst genieße sie sehr, auch wenn sie kein Deutsch verstehe. Über die Musik, etwa von den rund 6.000 Blechbläsern, könne sie sich mit den anderen Menschen auf der Wiese verbinden: "Es fühlt sich an wie ein Gottesdienst bei uns zu Hause." Mit der Hitze habe sie gar kein Problem: "Für uns ist das einfach angenehmes Wetter heute", schmunzelt die Südafrikanerin.
Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au hat eine Bitte: Sie ermutigt die Gottesdienst-Besucher, Auseinandersetzungen nicht zu scheuen. Dialog und Kontroversen gehörten zusammen, sagt die Theologin beim Festgottesdienst und fordert dazu auf, auch mit denen zu reden, "die keinen Dialog führen wollen". Konstruktive Streitereien seien "ur-protestantisch, und es lohnt sich." Klar sei aber auch: "Wir suchen die Auseinandersetzung mit Worten, nicht mit Waffen. Und von Angesicht zu Angesicht, nicht anonym im Netz."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zieht eine positive Bilanz des Christentreffens: "Ich glaube: Martin Luther wäre sehr zufrieden mit uns", sagt er in seinem Grußwort nach dem Gottesdienst. Er ermutigt die Besucher des Christentreffens zu noch mehr Gemeinschaft. "Der lebendige ökumenische Austausch zwischen den Konfessionen und die enge Zusammenarbeit der Christen tun dem ganzen Land gut." Noch vor einem halben Jahrhundert sei es kaum denkbar gewesen, was nun an Gemeinschaft unter den christlichen Konfessionen zu erleben sei.

Übersetzung fehlte

Mitten auf der Festwiese sitzt ein Rentner-Ehepaar aus Siegen auf Klappstühlen. Die gleißende Sonne scheint sie nicht zu stören. "Wir waren so in den Bann gezogen, da haben wir alle Anstrengungen vergessen", berichten sie. Die Predigt des anglikanischen Bischofs Makgoba habe ihnen gut gefallen. Nur eine Anmerkung haben sie: "Man hätte simultan übersetzen sollen." Seit einer Woche wohnen die beiden in Wittenberg auf dem Campingplatz und haben dort den gesamten Kirchentag mitgemacht, erzählen die Siegener. Der Abschlussgottesdienst auf den Elbwiesen: "Ein Heimspiel für uns." (epd)Wittenberg. Viele haben Schirme aufgespannt, einige sogar ein Zelt aufgebaut. Immer wieder hätten die Veranstalter auf früheren Kirchentagen prophezeit, dass zum 500. Reformationsjubiläum die Sonne scheinen würde, erinnert sich Philipp von Stockhausen. "Und jetzt ist sie da, das hat so eine Leichtigkeit", freut sich der Gottesdienst-Teilnehmer. Von Stockhausen ist aus Hanau gemeinsam mit Freunden aus seiner Kirchengemeinde sowie Mitgliedern einer südafrikanischen Partnergemeinde im Bus angereist.
Der Gottesdienst habe ihm gut gefallen, sagt er. Genau wie die englischsprachige Predigt des Erzbischofs von Kapstadt, Thabo Makgoba. "Das war super für mich, da musste ich nicht für unsere Gäste übersetzen", lacht der Mittzwanziger.