Lieferkettengesetz: Baerbock warnt vor Vertrauensverlust in Europa

Außenministerin Baerbock hat die Forderung der FDP nach einer Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz kritisiert. Was sie dem Koalitionspartner genau vorwirft.

Außenministerin Annalena Baerbock
Außenministerin Annalena BaerbockImago / Photothek

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Forderung der FDP nach einer Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz kritisiert. „Wenn wir unser einmal in Brüssel gegebenes Wort brechen, verspielen wir Vertrauen“, erklärte sie in Berlin. Sie warf dem Koalitionspartner mangelnden Respekt vor den EU-Institutionen vor, die den Kompromiss für das Gesetz ausgehandelt hatten. Dies schade „unserer Verlässlichkeit als Partner und unserem Gewicht in Europa“, sagte Baerbock.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten in der vergangenen Woche über einen Brief an Wirtschaftsverbände publik gemacht, dass sie das eigentlich fertig verhandelte Lieferkettengesetz der EU nicht mittragen wollen. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen.

Deutsches Gesetz gilt aktuell für rund 3.000 Firmen

In Deutschland gilt bereits seit 2023 ein nationales Lieferkettengesetz. Die geplante EU-Richtlinie würde teilweise darüber hinausgehen. Sie soll Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro verpflichten, Standards in den Lieferketten sicherzustellen. Das deutsche Gesetz gilt aktuell für rund 3.000 Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten, hat aber keine Umsatzgröße definiert. Anders als das deutsche Gesetz soll die EU-Regelung auch die Möglichkeit für zivilrechtliche Haftungen vorsehen.

Lindner und Buschmann lehnen die Regelungen ab, obwohl es zwischen den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, EU-Kommission und Parlament im Dezember eine politische Einigung dazu gegeben hatte. Baerbock kritisiert das: „Wenn wir auf europäischer Ebene in engem Austausch zwischen dem Rat der EU, dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission über mehrere Monate eine Richtlinie ausverhandeln und zustimmen, dann muss unser Wort stehen und halten, wenn es eine fertige Einigung gibt“, sagte sie: „Ein solches Hin und Her, das den Respekt unter EU-Mitgliedstaaten und gegenüber dem Europäischen Parlament vermissen lässt, dürfen wir uns kein weiteres Mal leisten.“ Es sei zudem auch im Interesse deutscher Unternehmen, einheitliche Regeln in Europa zu schaffen.

Die finale Abstimmung über das Lieferkettengesetz findet voraussichtlich am Freitag statt. Ob sich trotz der Enthaltung Deutschlands, die sich wie ein Nein auswirkt, noch eine Mehrheit für die Richtlinie zustande kommt, ist offen.