Teure Kulturbauten: Manchmal fehlen mal eben sieben Millionen

Oper, Theater, Museen: Die Kosten für neue oder sanierte Kulturbauten steigen überall. Manch einer stellt sich angesichts von Klimakrise und Krieg die Frage, ob solche Milliarden-Bauten sein müssen.

Das Pergamon Museum auf der Museumsinsel in Berlin
Das Pergamon Museum auf der Museumsinsel in Berlinepd-Bild / imageBROKER / Wilfried Wirth

Mit 20 Millionen Euro war der Umbau des renommierten Skulpturenmuseum „Glaskasten“ in Marl ursprünglich veranschlagt, doch dann stiegen die Kosten, wie überall im Bausektor. Ende vergangenen Jahres verweigerte der Stadtrat den notwendigen Aufschlag. Jetzt, Mitte Juni, stimmte er nach vielen Protesten aus der Kulturwelt doch noch zu.

Sieben Millionen, darüber können viele nur lachen, wenn es um Kulturbauten in Deutschland geht, egal ob neue oder solche, die in die Jahre gekommen sind und saniert, renoviert oder umgebaut werden sollen. Da gilt vielerorts die Milliarden-Marke als neues Normal. So in Frankfurt am Main, wo für Sanierung oder Neubau von Schauspiel und Oper zuletzt 1,3 Milliarden Euro aufgerufen wurden. Oder in München, wo ein neues Konzerthaus mit einer ähnlichen Summe kalkuliert wird. Oder bei den Plänen für Stuttgarts Oper.

Aufwendige Sanierungen reißen tiefes Loch in die Finanzierung

Auch Köln wird die Milliarden-Latte sicher reißen, wenn die aufwändige Sanierung von Schauspielhaus und Oper tatsächlich im Jahr 2024 abgeschlossen sein sollte – nach einem Dutzend Jahren. Bürgerproteste hatten den schon beschlossenen Abriss verhindert, zugunsten einer grundlegenden Sanierung und Ertüchtigung: Brandschutz, Klimaoptimierung, Arbeitsstättenverordnung, technische Aufrüstung.

Da muten die Kosten für die Hamburger Elbphilharmonie (Bauphase: 2007 – 2016) im Vergleich fast gering an. Die erste Skizze des Architekturbüros Herzog & de Meuron – ein gläsernes Großsegel auf dem Backsteinkubus eines alten Hafenspeichers – hatte große Begeisterung ausgelöst. Dass die Kosten von ursprünglich angenommenen 77 Millionen auf 866 Millionen Euro steigen sollten, ahnten anfangs die wenigsten. Oder wollten es nicht wissen. Heute ist die zwischenzeitliche Kritik an den enormen Summen weitgehend verstummt, die „Elphi“ zum stolz vorgezeigten neuen Wahrzeichen geworden.

Fraglich, ob das anderswo gelingt

In Berlin ist das „Museum der Moderne“ im Bau, das von Anfang an auf harsche Kritik gestoßen ist. Entworfen wurde es von den selben Architekten, die für die Elbphilharmonie soviel Lob geerntet haben. In Berlin hingegen gab es Hohn und Spott wegen der Grundform einer Scheune. 200 Millionen Euro waren vor gut zehn Jahren bewilligt worden, inzwischen rechnet man mit 650 Millionen. Die Fertigstellung ist auf 2026 terminiert, bei einschneidenden Umplanungen.

Überhaupt, Berlin: Generalsanierung samt Neubau für die Komische Oper sollen fast 480 Millionen Euro kosten, Bauzeit: sechs Jahre. Das Pergamon-Museum wird ab Herbst für dreieinhalb Jahre komplett geschlossen. Der Südflügel, letzter Teil der umfangreichen Sanierung, soll sogar erst 2037 wieder eröffnet werden. Geplante Gesamtsumme: 1,2 Milliarden Euro.

Neubau oder Sanierung?

In Düsseldorf wird darüber nachgedacht, das Opernhaus abzureißen, um es durch eine moderne Variante zu ersetzen. Allerdings verweisen die oppositionellen Grünen im Stadtrat auf die aktuellen Krisen, Krieg in der Ukraine, Inflation, Klimawandel: „Die zu erwartenden Kosten von 1 Milliarde Euro – 1.000 Millionen Euro – und mehr passen nicht in die aktuelle Zeit.“

Sanierung oder Neubau: Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf
Sanierung oder Neubau: Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorfepd-Bild / imageBROKER / Hans Blossey

Auch in Frankfurt am Main ist nach über zehnjähriger intensiver Diskussion völlig offen, in welcher Form die derzeit hinter einer gemeinsamen Fassade residierenden Häuser von Schauspiel und Oper saniert oder lieber neu gebaut werden sollen. Die Varianten geben sich finanziell nicht viel, um die 1,3 Milliarden werden veranschlagt. Realistisches Zeitziel mit Wettbewerben, Planungen, Ausschreibungen, Bauphasen: 2035.

Es geht auch günstig

Vorzeigeprojekte Dass es auch anders geht, zeigen zwei Beispiele aus München: das viel gelobte neue Volkstheater – fertiggestellt allerdings schon 2021 – und ein inzwischen geliebter Interimskonzertsaal („Isarphilharmonie“) in Holzbauweise für 1.900 Menschen. 130 Millionen und 43 Millionen fielen dafür an. Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, führt die niedrige Bausumme beim Volkstheater auf eine äußerste enge Zusammenarbeit der beteiligten Stellen zurück und vor allem auf das Engagement des Intendanten Christian Stückl – als Vorbild für „wirkliche Bauherrenschaft“.

Angesichts der gigantischen Summen mehren sich kritische Stimmen, die monieren: Allzu oft wird bei Kulturbauten viel auf äußeren Aufwand geachtet, dagegen zu wenig auf durchdachte und haltbare Inhalte zur Nutzung. „Müssen ein Theater und ein Opernhaus so sein, wie es die letzten 50 bis 100 Jahre war?“, fragten beispielsweise die ehemaligen Frankfurter Stadtverordneten und kulturpolitischen Sprecher Thomas Dürbeck (CDU) und Sebastian Popp (Grüne) in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Warum nicht ein Opernhaus mit einer Jugendmusikschule oder einer Tanzschule verbinden und ein Theater mit einer Bibliothek?“