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Krebskrank auf Instagram: Pfarrer teilt in Videos seine Hoffnung

Er ist schwer krebskrank und hat dennoch Hoffnung: Der evangelische Pfarrer Christian Lehmann teilt sein Schicksal auf Instagram. Kraft geben ihm seine Familie – und seine Gemeinde.

Der evangelische Pfarrer Christian Lehmann aus Walheim in Baden-Württemberg spricht auf Instagram und Youtube über seinen Glauben
Der evangelische Pfarrer Christian Lehmann aus Walheim in Baden-Württemberg spricht auf Instagram und Youtube über seinen GlaubenPrivat

Er ist Pfarrer mit Leib und Seele. Doch an Heiligabend wird Christian Lehmann dieses Jahr nicht auf der Kanzel in der Evangelischen Kirchengemeinde in Walheim (Baden-Württemberg) stehen und predigen. Denn die Diagnose Darmkrebs hat sein Leben radikal verändert. Seit knapp acht Monaten weiß er, dass der Krebs böser und aggressiver ist als angenommen. „Leider haben sich Metastasen auf der Leber und Lunge gebildet. Nach aktuellem Stand ist eine weitere Chemotherapie nicht sinnvoll, und deshalb werde ich auch keine machen“, sagt der 47-Jährige in ruhigem Ton.

Was macht eine solche düstere Diagnose mit dem eigenen Glauben? „Ich habe vor der Erkrankung gewusst: Jesus ist bei mir. Das gilt weiterhin, die Basis hat sich nicht geändert. Aber jetzt erlebe ich ein viel intensiveres Auf und Ab“, erklärt der Theologe, der eine Wollmütze mit einem Kreuz auf dem Kopf trägt, eine „Beanie“, die einer seiner drei Söhne selbst designt hat. „Manchmal bin ich voller Hoffnung und bete um ein Wunder. Und dann denke ich wieder: Warum sollte Gott? Die meisten anderen Menschen mit Krebs erleben auch keines. Das ist durchaus eine Herausforderung.“

Krebskranker Pfarrer Christian Lehmann: Gemeinde singt für ihn

Dass er nicht mehr im Dienst sein kann, ist für Christian Lehmann, der seit 15 Jahren in Walheim Pfarrer ist, besonders an wichtigen Festtagen nicht einfach. „Das tut manchmal etwas weh. Und gleichzeitig trägt mich die Gemeinde.“ So trafen sich über mehrere Monate 40 bis 60 Leute regelmäßig vor seinem Haus, um christliche Lieder zu singen, als er durch die Chemotherapien immungeschwächt war und keinen direkten Kontakt haben durfte. „Wir haben zusammen gebetet und geweint. Es ist so berührend und bewegend, dass die Gemeinde mit so viel Verständnis und Anteilnahme reagiert. Das ist für mich ein riesiges Geschenk.“

Auch wenn die großen Wunder bisher ausblieben: „Wenn ich offen dafür bin, sehe ich, wie viele Wunder ich tagtäglich erlebe“, sagt Lehmann. Wenn etwa jemand ein Mittagessen vorbeibringt – gerade dann, wenn die Familie keine Kraft hat, einkaufen zu gehen. Oder wenn ihn ein tröstendes Wort erreicht oder ein Bibelvers, der perfekt in seine Situation passt. „Ich kann eigentlich nur dazu ermutigen, auf Gott zu vertrauen, auch in schweren Zeiten. Er tröstet und hilft.“

Zwar predigt er nicht mehr öffentlich, hat aber die digitale Kanzel für sich entdeckt: Seit knapp zwei Monaten spricht er in Kurzvideos in den sozialen Netzwerken Themen an, die auch mit seiner Situation zu tun haben, wie: Heilt Gott heute noch? Oder: Was kommt nach dem Tod? Und: Ist Gott allmächtig? Auf Instagram, Facebook und Youtube ist er unter “jesus.vibes4u” zu finden „Mein Sohn hat mich ermutigt, Videos aufzunehmen. Das erste Video hat so viele Leute angesprochen, dass das wie eine Bestätigung für mich war, weiterzumachen“, erzählt er. „Ich hoffe, dass sie anderen Menschen weiterhelfen.“

Zusammenhalt der Familie tut Pfarrer Christian Lehmann gut

In einem Video fragt er sich, ob Gott heute noch heilt. „Mein Kopf sagt natürlich: Also, wenn es Gott wirklich gibt, wie könnte ich dann nicht daran glauben, dass er heilen kann? Ich glaube, Gott kann, will und wird heilen. Das Einzige, woran wir eben leiden, ist, dass er es nicht immer dann tut, wann wir es uns wünschen. Ich hätte gerne eine Heilung jetzt in diesem Leben. Aber Gottes Horizont ist einfach größer, weiter. Er steht über dem Tod und über der Grenze des Lebens. Wenn er jetzt nicht heilt, dann wird er es nach dem Tod tun in seiner Gegenwart. Diese Hoffnung hilft mir, die Spannung auszuhalten.“

Der Zusammenhalt in seiner Familie tut ihm gut. „Ich bin dankbar, dass meine Frau und meine Söhne es absolut mit mir tragen. Aber mir ist auch ganz wichtig, dass sie ihren Weg gehen und Freundschaften weiter pflegen. Es freut mich, dass sie mitfühlen, aber gleichzeitig ihr Leben meistern.“

 

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Dem kommenden Jahreswechsel und seinem Geburtstag im Januar blickt er gelassen entgegen. „Am Anfang war es mir noch wichtig, dass ich die Konfirmation meines jüngsten Sohnes, wenn es geht, irgendwie aktiv miterlebe. Ich habe deshalb auch die erste Chemotherapie um ein paar Tage verschoben und hatte noch die Kraft, den Gottesdienst selbst zu halten.“

Doch jetzt habe er keinen Berg mehr vor sich, den er unbedingt erklimmen will. „Wir als Familie haben uns entschieden: Wir nehmen jetzt jeden Tag, wie er kommt, und versuchen, uns nicht den Kopf bereits über das nächste Jahr zu zerbrechen.“