FU Berlin kommt nach Antisemitismus-Fall nicht zur Ruhe

Der Angriff auf einen jüdischen Studenten an der FU Berlin schlägt weiter hohe Wellen. Der Antisemitismusbeauftragte der Regierung fordert konkrete Schritte. Die Debatte über Konsequenzen dauert an.

Felix Klein ist Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung
Felix Klein ist Antisemitismus-Beauftragter der BundesregierungImago / Metodi Popow

Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) Berlin wird weiter über Konsequenzen diskutiert. Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) sprach sich für ein Hausverbot für den mutmaßlichen Täter aus, lehnte eine Exmatrikulation aber weiter ab. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte die Hochschule. Diese habe antisemitische Diskurse viel zu lange laufen lassen. Derweil soll das 30-jährige Opfer während der Behandlung an der Berliner Charité bestohlen worden sein.

Wissenschaftssenatorin Czyborra mahnte, die Hochschulleitung müsse ein Hausverbot gegen den mutmaßlichen Täter umgehend durchsetzen: „Das ist dringend erforderlich, um Opfer vor Gewalttätern zu schützen und auf dem Universitätsgelände einen sicheren Raum für die Studierenden zu schaffen.“ Bei den Konsequenzen müsse aber grundsätzlich unterschieden werden zwischen Gewalttaten, Antisemitismus und Volksverhetzung auf der einen und politischen Meinungsäußerungen auf der anderen Seite. Exmatrikulationen aufgrund politischer Meinungen lehne sie ab, sagte die SPD-Politikerin.

Klein fordert Antisemitismusbeauftragte für Unis

Der Antisemitismusbeauftragte Klein attestierte der FU eine Mitschuld an der Bedrohung jüdischer Studentinnen und Studenten: „Sie haben sicher nicht Antisemitismus begünstigt, aber sie sind nicht eingeschritten, da wo es geboten gewesen wäre, wenn Hass und Hetze verbreitet werden“, sagte er am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin. Er rief die Leitung der FU Berlin auf, mit Mitteln des Ordnungsrechts und des Hausrechts gegen derartige Vorfälle vorzugehen.

Klein bekräftigte seinen Vorschlag, an allen deutschen Universitäten Antisemitismusbeauftragte einzusetzen. Der Vorfall in Berlin habe ihn schockiert, aber nicht überrascht, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober habe sich an deutschen Hochschulen eine Atmosphäre verbreitet, die Hass und Hetze möglich gemacht habe, betonte Klein.

Stark-Watzinger: Hochschulleitungen müssen von rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte die Hochschulen zu konsequentem Einschreiten auf. „Hochschulen sind Orte maximaler Freiheit, aber sie sind keine rechtsfreien Räume“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Für Antisemitismus dürfe es an deutschen Hochschulen keinen Platz geben. Hochschulleitungen müssten von allen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen.

Auch aus der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus gab es Kritik an der FU-Leitung. Nach Ansicht der wissenschaftspolitischen Sprecherin Laura Neugebauer zeigt der tätliche Angriff „einmal mehr, dass an der Freien Universität ein Problem mit Antisemitismus besteht und dazu bisher keine richtige Strategie für dessen Bekämpfung gefunden wurde“.

Das 30-jährige Opfer war am Freitagabend von einem 23-jährigen Mitstudenten angegriffen und mit Schlägen und Tritten traktiert worden. Wie am Mittwoch bekannt wurde, wurde der Bruder des Comedians Shahak Shapira während seiner Behandlung im Krankenhaus bestohlen. Entwendet wurden demnach Laptop und Smartphone.