Kirchenasyl: Was ist das?

Für eine begrenzte Zeit können Flüchtlinge im Kirchenasyl leben. Die Gemeinden wollen, dass die Situation der Geflüchteten noch einmal geprüft wird. Oft kommt es zu Auseinandersetzungen mit Behörden.

In Kirchen kommen Geflüchtete im Kirchenasyl unter
In Kirchen kommen Geflüchtete im Kirchenasyl unterImago / Christian Ditsch

Bei einem Kirchenasyl gewährt eine Kirchengemeinde von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen einen zeitlich befristeten Schutz. Ziel ist es, eine erneute sorgfältige Prüfung ihrer Situation durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu erreichen. Menschen, denen durch eine Abschiebung Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit oder nicht hinnehmbare Härten drohen, sollen dadurch ein neues Asylverfahren oder ein Bleiberecht in Deutschland erhalten.

Hintergrund des Kirchenasyls ist der Einsatz der Kirchen für das grundgesetzlich verankerte Recht auf Schutz von Menschenwürde, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit. Der Staat toleriert das Kirchenasyl, bei dem Kirchengemeinden Flüchtlingen Wohnraum bieten und sie versorgen. Allerdings kann er von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen, um Betroffene abzuschieben.

Erstes Kirchenasyl in Berlin

Das erste Kirchenasyl fand 1983 in einer Berliner evangelischen Kirche statt. Laut Ökumenischer Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (BAG) mit Sitz in Berlin gab es 2023 in Deutschland 2.065 Fälle von Kirchenasyl. Die Meisten der Kirchenasyle sind demnach sogenannte Dublin-Fälle, bei denen Flüchtlingen eine Rückführung in ein europäisches Erstaufnahmeland droht.

Das Engagement der Kirchengemeinden steht in einer jahrhundertealten „heiligen“ Tradition, Kirchen als Schutzraum für Hilfesuchende zu öffnen.

Vermehrte Fälle von Kirchenasyl

Nach Ansicht der BAG sinkt die Hemmschwelle von Behörden, ein Kirchenasyl gewaltsam zu beenden. Sie wisse von bundesweit insgesamt sechs angedrohten, versuchten oder vollzogenen Räumungen seit Juli vergangenen Jahres, erklärte die Arbeitsgemeinschaft.

Hier einige Fälle aus 2023 und 2024:

  • Mai 2024: Die Polizei und die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen haben in Bienenbüttel bei Uelzen ein Kirchenasyl aufgelöst und eine vierköpfige russische Familie nach Spanien abgeschoben.
  • April 2024: Die Polizei hat einen Syrer aus einem Kirchenasyl in Rheinland-Pfalz geholt. Wie es vom Unterstützerkreis des Syrers aus Büchenbeuren hieß, kam der Mann nach der aus Behördensicht erfolgreichen „Rücküberstellung“ in Dänemark vor Gericht. Weil er das Ausreiselager unerlaubt verlassen habe, sei er zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden.
  • Dezember 2023: Die Polizei wollte in Schwerin zwei afghanische Männer (18 und 22 Jahre alt) abschieben und hat dabei wegen einer Gefährdungslage das Kirchenasyl in der evangelischen Petrusgemeinde gebrochen.
  • Juli 2023: Der Fall aus NRW hatte für Aufsehen gesorgt: Die drohende Abschiebung eines kurdischen Ehepaares in den Irak. Die Stadt Viersen stand wegen Rassismus in der Kritik. Wenige Tage später kam die Nachricht, dass das betroffene Ehepaar offenbar doch nicht nach Polen überstellt wird.