Darum lohnt sich Mut beim Kirchenasyl

Die Zahl der Gesuche um Kirchenasyl wächst, doch die Bereitschaft der Gemeinden sinkt. Dabei wird die Einrichtung gerade jetzt gebraucht. Ein Kommentar.

Immer wenige Gemeinden trauen sich, Geflüchteten Kirchenasyl zu gewähren (Archiv)
Immer wenige Gemeinden trauen sich, Geflüchteten Kirchenasyl zu gewähren (Archiv)Imago / Christian Ditsch

Kirchenasyl zu geben ist keine strafbare Handlung, wenn es sich auf Obdach und Verpflegung beschränkt. Die Gastgeber können auch nicht dazu verpflichtet werden, den Aufenthalt aktiv zu beenden, wenn der Asylantrag im Rahmen einer Härtefallprüfung erneut abgelehnt worden ist. Diese Pflicht beschränkt sich auf den Flüchtling und die staatlichen Behörden.

Dieses Urteil zum Kirchenasyl, im März 2022 bundesweit erstmalig in letzter Instanz gefällt durch das Bayerische Oberste Landesgericht, erhält angesichts der jetzt wieder aufflammenden Rufe aus Politik und Gesellschaft nach schnelleren Abschiebungen von abgelehnten Asylsuchenden zusätzliches Gewicht. Denn es hilft Kirchengemeinden bei den Überlegungen, ob sie in Härtefällen Asyl gewähren sollten. Zumal damit zu rechnen ist, dass durch die wieder steigenden Zahlen an Asylsuchenden das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rigidere Entscheidungen trifft. Das betrifft zunehmend, meist wegen kleiner Versäumnisse, auch Menschen, die hier voll integriert seit Jahrzehnten leben.

Angst vor Strafe

Doch nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ steigt zwar die Zahl der Gesuche um Kirchenasyl, aber die Bereitschaft von Kirchengemeinden, dies zu gewähren, sinkt – wohl auch aus Angst, sich strafbar zu machen. Da kann Mut geben, dass das bayerische Grundsatzurteil zum Kirchenasyl nun erneut bestätigt wurde: Gerade hat das Amtsgericht Bamberg ein seit 2020 schwebendes Verfahren gegen die Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Maria Frieden im fränkischen Kirchstetten ohne Auflagen eingestellt. Die heute 64-jährige Mechthild Thürmer war von der Bamberger Staatsanwaltschaft angeklagt worden, in ihrem Kloster drei Asylsuchenden „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“ gewährt zu haben.

Hilfreich bei der Abwägung, ob eine Gemeinde Kirchenasyl gewähren sollte, ist auch, dass die Kirchenleitungen hinter solchen Aktionen stehen. So erklärte das Bamberger Erzbistum, dass „hier ausschließlich aus christlicher Nächstenliebe gehandelt“ wurde. Es halte am Kirchenasyl als einer Möglichkeit fest, Härtefälle noch einmal rechtsstaatlich zu prüfen und verwies auf eine diesbezügliche Vereinbarung zwischen Kirchen und staatlichen Behörden von 2015.

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Zwar führt vor allem bei den Dublin-Fällen, in denen die Rückführung in ein anderes EU-Erst-Einreiseland verhindert werden soll, das Kirchenasyl in nur wenigen Fällen zum Erfolg: 2021 waren es gerade einmal neun von 538 Fällen. Doch Gemeinden sollten sich davon nicht entmutigen lassen. Jeder Fall, der durch Kirchenasyl noch einmal überprüft und bei dem danach die Abschiebung durch Gerichte aufgehoben wird, ist gelebte Nächsten- oder besser Fremdenliebe und auch ein Dienst an unserem Rechtsstaat.