Kirchen weisen Kritik an Weihnachtspredigten zurück

Immer wieder hören die Kirchen den Vorwurf, sie seien zu politisch – jetzt auch an Weihnachten. Spitzenvertreter von Protestanten und Katholiken argumentieren, Kirche dürfe sehr wohl auf die aktuelle Situation reagieren.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm (li.) im Gespräch mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm (li.) im Gespräch mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria WoelkiMeike Boeschemeyer / epd

Die CDU-Bundesvize Julia Klöckner hatte sich über Anspielungen auf US-Präsident Donald Trump in der Weihnachtspredigt Bedford-Strohms kritisch geäußert. Auch insgesamt beklagte sie eine Häufung von tagespolitischen Stellungnahmen der Kirchen. Aus manchen Kirchenkreisen sei mehr zum Thema Windenergie und Grüne Gentechnik zu hören als über verfolgte Christen, über die Glaubensbotschaft oder gegen aktive Sterbehilfe. (epd)

Köln. Prominente Kirchenvertreter haben Kritik an politischen Bezügen in ihren Weihnachtspredigten zurückgewiesen. Die Weihnachtsbotschaft müsse stets mit Blick auf die jeweilige Situation der Menschen aktualisiert werden, sagte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki im ARD-"Morgenmagazin". Dadurch werde auch die politische Situation konkret und müsse gedeutet werden. Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der in seiner Weihnachtspredigt Nationalismus verurteilt hatte, verteidigte die Predigten. Dass vor allem Politik zur Sprache gekommen sei, sei aus seiner Sicht eine falsche Sicht, schreibt er auf seiner Facebook-Seite.
"Wer dieses Urteil auf einzelne Sätze gründet, die in den Medien zitiert werden, möge sich einmal die Mühe machen, die Predigten im Ganzen zu lesen", so Bedford-Strohm weiter. Aussagen zur Politik seien dort gegründet in "biblisch verwurzelten geistlichen Aussagen". Der bayerische Landesbischof erklärt zudem, die Politisierung geistlich gegründeter Aussagen komme genau umgekehrt aus der Politik, "indem deren politische Farbenlehren in die Kirche eingetragen werden".

Haltung zeigen

Woelki sagte, man könne nicht von Gott sprechen, ohne vom Menschen zu sprechen. Das habe nichts mit Parteipolitik zu tun, betonte der Kardinal. Solange die Politik die Beziehungen zwischen den Menschen als soziale Wesen regele, sei das Evangelium auch politisch, sagte Woelki. Jesus sei an Weihnachten "nicht in einer Traumwelt Mensch geworden, sondern in einer konkreten Welt".
Die Kirchen müssten daher gesellschaftspolitische Haltungen haben und sich etwa für die Erhaltung der Schöpfung und die Würde des Menschen einsetzen. Daraus ergäben sich Folgen etwa für die Diskussion um den Familiennachzug von Flüchtlingen, erklärte der Erzbischof: "Und dann hat das natürlich eine politische Wirkung."
Er habe nicht den Eindruck, dass sich in diesem Jahr politische Äußerungen in den Weihnachtspredigten besonders gehäuft hätten, sagte Woelki. "Die Kirchen haben schon immer versucht, das Evangelium ins Heute zu übertragen." Er selbst habe etwa im vergangenen Jahr über das Thema Fake News gesprochen. In diesem Jahr hatte Woelki in seiner Predigt Immobilienspekulationen verurteilt.
Der Chefredakteur der "WeltN24"-Gruppe, Ulf Poschardt, hatte mit seiner Kritik an Weihnachtspredigten eine Debatte ausgelöst. Er twitterte in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag: "Wer soll eigentlich noch freiwillig in eine Christmette gehen, wenn er am Ende der Predigt denkt, er hat einen Abend bei den #Jusos bzw. der Grünen Jugend verbracht?"