Kirche erinnert ehemaligen DDR-Gefängnispfarrer und Stasi-Mitarbeiter

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat am Sonntag an Versäumnisse im Umgang mit einem
ehemaligen DDR-Gefängnisseelsorger und Stasi-Mitarbeiter erinnert. Im Rahmen eines Gottesdiensts wurde in Berlin eine Erklärung verlesen, in der der früheren Kirchenleitung ein „eklatanter Mangel an Verantwortungsübernahme“ vorgeworfen und zugleich weitere Bemühungen um Aufarbeitung angekündigt wurden.

Der Gefängnisseelsorger Eckart Giebeler (1925-2006) sei von 1959 bis 1989
Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR gewesen, hieß es in der vom evangelischen Berliner Bischof Christian Stäblein unterzeichneten Erklärung. Giebeler habe „systematisch das Beichtgeheimnis gebrochen und Menschen verraten“. Er habe „umfassend und systematisch“ über Gefangene, Vorkommnisse im Strafvollzug, den Kirchenkreis Brandenburg, Konvente und Synoden berichtet. Das Ausmaß dieses Vertrauensmissbrauches sei „zutiefst erschreckend“.

Knapp 300 Treffen von Giebeler mit Vertretern des Ministeriums für Staatssicherheit seien, belegt, hieß es unter Hinweis auf eine Studie der Theologin Marie Anne Subklew-Jeutner von der Universität Hamburg. Da mehr als 90 Prozent der ihn betreffenden Berichtsakten vernichtet worden seien, sei die Zahl der Treffen vermutlich noch weit höher.

Der Gefängnisseelsorger habe seinem Führungsoffizier Briefe von Inhaftierten, Berichte auf Tonbändern und in Form von Aufzeichnungen gegeben. Giebeler informierte den Angaben zufolge auch das Ministerium des Innern über Gefangene und kirchlich-interne Themen.

Nach der Wiedervereinigung sei Giebeler 1990 als Gefängnisseelsorger beim Justizministerium Brandenburg angestellt worden. Als 1992 seine Stasi-Tätigkeit bekannt wurde, habe das Brandenburger Justizministerium das Dienstverhältnis beendet. Für Giebeler habe der Bruch der seelsorglichen Schweigepflicht keine Konsequenzen gehabt, da die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (EKiBB) sich als nicht zuständig erklärte.

Die evangelische Kirche habe nach Giebelers Unterzeichnung des Vertrages mit dem Ministerium des Inneren eine kirchliche Berufung auf die Gefängnisseelsorgepfarrstelle zwar abgelehnt, da er formal als Staatsangestellter galt. Sie habe seine Arbeit als Gefängnisseelsorger jedoch durchgehend finanziell unterstützt, hieß es in der Erklärung. So habe es unter anderem Pensionszahlungen an Giebeler sowie offizielle Danksagungen zu seinen Ordinationsjubiläen gegeben.

Die Kirchenleitung sei verpflichtet, allen aufkommenden Versuchen entgegen zu wirken, die diesen Teil der Geschichte systematischen Lügens und Verratens vor 1989 zu verharmlosen oder zu leugnen suchen. „Sie verpflichtet sich, ihre Aufgabe zur Aufarbeitung der Geschichte der Kirche vor 1989 auch über den konkreten Fall der MfS-Stätigkeit von Giebler hinaus fortzuführen,“ so die Erklärung.

In dem Schreiben dankt die Kirchenleitung überdies ehemaligen Gefangenen für die Bereitschaft, ihre Geschichten und deren Folgen mitzuteilen. Auch nach Jahrzehnten könne es ein erneuter Schmerz sein, sich dem Erlittenen und dem Trauma der Haft zu stellen.