Kiew will moskautreue Kirchengemeinden verbieten

Die ukrainische Regierung wirft der Ukrainischen Orthodoxen Kirche Kreml-Propaganda vor. Doch am geplanten Verbot regt sich auch Kritik.

Auch um Kirchen wird in der Ukraine gekämpft, nicht nur mit Waffen (Archivbild)
Auch um Kirchen wird in der Ukraine gekämpft, nicht nur mit Waffen (Archivbild)Imago / EST&OST

Die ukrainische Regierung will aus Russland gelenkte Glaubensgemeinschaften verbieten. Sie hat im Parlament eine Änderung von zwei Gesetzen beantragt, wie der Vertreter des Ministerkabinetts, Taras Melnytschuk, auf Telegram mitteilte. Die Gesetze könnten zur Zwangsauflösung von Klöstern und Gemeinden der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) führen, der Kollaboration mit russischen Kräften und Kreml-Propaganda vorgeworfen wird.

Laut Melnytschuk sollen die Gesetze über Gewissensfreiheit sowie über die Registrierung von juristischen Personen und öffentlichen Organisationen künftig Religionsgemeinschaften ausschließen, deren „Leitungszentrum“ sich in einem ausländischen Staat befinde, „der eine bewaffnete Aggression gegen die Ukraine durchführt“. Der Änderungsvorschlag habe das Ziel, „die spirituelle Unabhängigkeit sicherzustellen, eine Spaltung der Gesellschaft nach religiösen Merkmalen zu verhindern, die Konsolidierung der ukrainischen Gesellschaft zu fördern und nationale Interessen zu schützen“.

„Märtyrerpalme in der Hand“

Der griechisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk distanzierte sich unterdessen von der Idee, der UOK jegliche Tätigkeit zu untersagen. „Es ist wichtig zu verstehen, dass das Verbot einer Kirche nicht das Ende ihrer Existenz bedeutet“, sagte er dem Nachrichtenportal „Ukrajinska Prawda“. Solange es in der Ukraine Menschen gebe, die sich an der Moskauer Orthodoxie orientierten, solange werde es diese Kirche geben, auch wenn sie illegal wäre. „Wenn wir sie verbieten, geben wir dieser Kirche die Märtyrerpalme in die Hand“, warnte Schewtschuk.

In den vergangenen Monaten hatten mehrere Regional- und Kommunalparlamente ein Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche gefordert. Ein Priester wurde vor einem Monat zu zwölf Jahren Haft verurteilt, weil er Informationen über ukrainische Militärstützpunkte gesammelt und an Russland verraten habe. Gegen rund 50 weitere Geistliche wird ermittelt. Das Kirchenoberhaupt, Metropolit Onufri, verurteilte hingegen den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 scharf. Zudem erklärte die UOK sich im Mai für unabhängig vom Moskauer Patriarchat. Diese Lossagung vom russischen-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., einem Verbündeten von Kreml-Chef Wladimir Putin, wird jedoch von der Kiewer Regierung angezweifelt.

Zwei Kirchen konkurrieren

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine. Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Der Wortlaut des Gesetzentwurfs wurde zunächst nicht veröffentlicht. So ist bisher unklar, ob Gerichte oder Behörden ein Verbot von religiösen Organisationen anordnen sollen. Die UOK könnte allerdings nicht ganz verboten werden. Denn sie ist im Gegensatz zu Religionsgemeinschaften in Deutschland keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern alle rund 12.000 Kirchengemeinden und jedes Kloster sind einzeln beim Staat registriert.

Kritik aus dem Kreml

Der Kreml kritisiert das geplante ukrainische Gesetz scharf und spricht von einer Verletzung der Religionsfreiheit. Im Auftrag der russischen Regierung beschuldigte ein ranghoher Bischof des Moskauer Patriarchats per Videoschalte vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York die Ukraine, die UOK „vernichten“ zu wollen.