Khorchide: Nicht-gewalttätigen Islamismus als Bedrohung sehen

Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide hat vor den Gefahren des nicht-gewalttägigen Islamismus gewarnt. Es sei ein Fehler, nur in der Gewalt eine Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sehen, sagte Khorchide am Mittwoch in Münster. Der sogenannte legalistische Islamismus teile dieselben ideologischen Grundlagen wie der gewalttätige Islamismus. Beide unterschieden sich nur in der Methode darin, die Verhältnisse nach der Scharia auszurichten. Islamistische Gruppierungen wie die Muslim-Bruderschaft, die in ihrer Rhetorik Gewalt ablehnten, gerieten schnell aus dem Blick.

Laut Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, hat sich der Islamismus in den vergangenen Jahren gewandelt. Die Vertreter des politischen Islam verschafften ihrer Ideologie Raum, indem sie sich als Einzelpersonen oder Institutionen in Politik, Stiftungen und Zivilgesellschaft integrierten – „allerdings nicht mit dem Ziel, sich zu integrieren, sondern unauffällig an der Unterwanderung dieser Gesellschaften zu arbeiten“.

Diese Personen erscheinen Khorchide zufolge auf den ersten Blick als konstruktiver Teil der Gesellschaft, nutzten aber Demokratie und Menschenrechte für ihre Ziele aus. Sie träten öffentlich als Vertreter des Islam auf und versuchten auf diese Weise, langfristig Vertrauen zu Musliminnen und Muslimen aufzubauen. Diese Strategie sei vor allem bei sozial benachteiligten Menschen erfolgreich.

Auch die Sprache islamistischer Akteure wandele sich von einer religiösen zu einer mehrheitsfähigen moralisierenden Sprache: „Statt von Gläubigen und Ungläubigen zu sprechen, spricht man vom ‚weißen Mann‘, von Diskriminierung, von Islamophobie, um das Verhältnis der Muslime zu Nicht-Muslimen zu beschreiben.“ Khorchide forderte mehr wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem nicht-gewalttätigen Islamismus.

Der Wissenschaftler äußerte sich bei einer Fachtagung zum Thema „Politischer Islamismus und autoritärer Nationalismus“. Organisator ist das Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster in Kooperation mit dem Bundesinnenministerium.