Jüdisches Neujahrsfest – “Jüdische Gemeinschaft resigniert nicht”

Ab dem 2. Oktober feiern Jüdinnen und Juden das Neujahrsfest Rosch Haschana. Es fällt in diesem Jahr fast mit dem ersten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel zusammen.

Unter dem Eindruck des ersten Jahrestages des Überfalls der Hamas am 7. Oktober auf Israel feiern Jüdinnen und Juden das Neujahrsfest Rosch Haschana. Es beginnt am 2. Oktober und endet am 4. Oktober. In Deutschland übermittelte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Grüße. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, blickten auf den Start in das jüdische Jahr 5785.

In einem Beitrag für die “Jüdische Allgemeine” (Donnerstag) rief Schuster zu einer “klaren und ehrlichen Politik” auf, die den Kopf nicht in den Sand stecken dürfe: “Nicht nur muslimischem Antisemitismus oder islamistischer Ideologie wird Tür und Tor geöffnet, an ihrer Seite – nicht als Begleiterscheinung, aber als Teil einer von Hass durchsetzen Gedankenwelt – drängt sich ein zerstörerischer Rechtsextremismus in unsere Gesellschaft, in unsere Parlamente.”

Es werde infrage gestellt, was das Wesen einer offenen Gesellschaft ausmache: “die Gewissheit, dass auch der andere recht haben kann und dass ein menschliches Miteinander unabdingbar ist”, so Schuster. Religionen oder die Idee von Religion seien elementarer Bestandteil einer offenen Gesellschaft: “Sie prägen sie, geben ihr Mäßigung, und sie haben die Möglichkeit, unserem Gemeinwesen weit über ihre bloße Existenz hinaus eine Richtung zu zeigen.” Mit Blick auf den 7. Oktober schreibt Schuster, dass Jüdinnen und Juden viel an den Schmerz, die Wut und die Verzweiflung dächten. Aber sie sollten sich davon nicht bestimmen lassen.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, schreibt in derselben Zeitung: “Die vergangenen zwölf Monate haben uns erst überwältigt und dann ausgezehrt und zermürbt.” Die Ereignisse rund um den 7. Oktober seien die größte Belastung und die akuteste Gefahr für die weltweite jüdische Gemeinschaft seit dem Ende des Holocaust. Sie rief aber auch dazu auf, an das Gute im ausgehenden Jahr zu denken.

Auch der Bundespräsident erinnerte in seiner Grußbotschaft an die Herzen, die oft schwer seien. Er drückte seinen Wunsch aus, dass das neue Jahr ein friedlicheres werden möge. Die Angst, der Schrecken und die Sorgen seien allgegenwärtig. Auch in Deutschland habe sich das Zusammenleben verändert, der Antisemitismus weiter zugenommen. “Das finde ich unerträglich”, betonte Steinmeier. Er habe aber auch immer wieder gespürt: So groß die Sorgen auch seien – “die jüdische Gemeinschaft resigniert nicht”. Zugleich versprach er, im Kampf gegen Antisemitismus nicht nachzulassen.

Der Bundeskanzler sprach sich in einer Anzeige in der “Jüdischen Allgemeinen” für eine Zwei-Staaten-Lösung aus, die aus seiner Sicht eine “nachhaltige Befriedung des Konflikts” wäre. Jüdinnen und Juden in Deutschland versprach er: “Die Bundesregierung und unsere Sicherheitsbehörden setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher leben können.”

Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben, Felix Klein, betonte ebenfalls in einer Anzeige: “Es ist aber auch ein Jahr gewesen, das durch jüdische Resilienz, jüdischen Aktivismus und jüdisches Aufstehen gegen Antisemitismus und Hass geprägt war. Auch nicht-jüdische Verbündete haben sich im vergangenen Jahr der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, Judenhass zu bekämpfen, besonders gewidmet.”