„Judenpresse“-Rufe: Rechtsextremist zu Bewährungsstrafe verurteilt

Wegen Volksverhetzung und Beleidigung ist ein bekannter Rechtsextremist aus Niedersachsen am Donnerstag vom Amtsgericht Braunschweig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der 54-Jährige muss zudem eine Geldauflage von 3.600 Euro an die Opferhilfe Niedersachsen zahlen, wie ein Sprecher des Gerichtes dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. Der Mann hatte sich am Volkstrauertag 2020 in Braunschweig antisemitisch gegenüber Medienvertretern geäußert (Az: 700 Js 69197/20).

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, im Anschluss an eine Versammlung von etwa 50 Rechtsextremisten in Richtung mehrerer Pressevertreter „Judenpresse!“, „Verdammte, Feuer und Benzin für Euch!“ und „Judenpack!“ gerufen zu haben. Der Vorfall ist durch ein Video dokumentiert. Das Gericht wertete die Äußerungen als Beleidigungen sowohl gegen die Journalisten als auch gegen den jüdischen Teil der Bevölkerung – in einem Fall in Tateinheit mit Volksverhetzung. Es bezog auch drei Äußerungen von weiteren Demonstrationen mit ein, die ebenfalls als Beleidigung bewertet wurden.

Bei dem Verurteilten handelt es sich um den ehemaligen Landesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Der Fall sorgte seit Jahren für Schlagzeilen, weil die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen ihn im Sommer 2023 eine radikale Kehrtwende machte. Zunächst hatte sie das Verfahren zweimal eingestellt, weil sie anfangs keine strafbare Volksverhetzung erkennen konnte.

Erst nach massiven Protesten erhoben die Staatsanwälte dennoch Anklage. Repräsentanten jüdischer Gemeinden sowie ein Ehepaar aus Laatzen bei Hannover hatten Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt und bei Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) interveniert. Daraufhin erklärte die Staatsanwaltschaft, nach der Auswertung historischer Quellen aus der Zeit des Nationalsozialismus erschienen die Vorwürfe in einem anderen Licht.