Jesuit und Klimaaktivist Jörg Alt: Hungerstreik ernst nehmen!

Für den Klimaschutz gehen einige Aktivistinnen und Aktivisten weit. In Berlin sind seit Wochen Mitglieder der Initiative “Hungern bis ihr ehrlich seid” im Hungerstreik. Lebensmüde oder mutig?

Jörg Alt klebt sich immer wieder an Straßen fest, hier in München
Jörg Alt klebt sich immer wieder an Straßen fest, hier in MünchenImago / aal.photo

Es wirkt ein bisschen wie in einem Horrorfilm: Sie tragen schwarze Ganzkörper-Anzüge mit weißem Skelett-Aufdruck. Auf einer ihrer Plakaten steht: “Hungern bis ihr ehrlich seid”. Unter diesem Motto befinden sich seit Anfang März Klimaaktivisten im Berliner Regierungsviertel im Hungerstreik.

Ihr Ziel: Bundeskanzler Olaf Scholz solle endlich ehrlich sein. Der CO2-Gehalt in der Luft sei viel zu hoch. Scholz solle dies in einer Regierungserklärung aussprechen. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen die Forderungen der Initiative. Auch Politikerinnen und Politiker zeigen zum Teil Verständnis. Zum Beispiel der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell und der frühere Leiter des Fraunhofer-Institutes für Solare Energiesysteme, Eicke Weber. Und auch “Klimakleber-Pater” Jörg Alt steht an der Seite der Aktivistinnen und Aktivisten.

Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick steht mit einer Schlinge um den Hals auf einem schmelzenden Eisblock im Berliner Regierungsviertel
Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick steht mit einer Schlinge um den Hals auf einem schmelzenden Eisblock im Berliner RegierungsviertelImago / Olaf Schuelke

Die Umweltschützer riskieren viel: Eine Person namens Tin beendete vor wenigen Tagen den Hungerstreik: „Mein Tod wird Scholz nicht überzeugen.“ Der Mann war in der vergangenen Woche zeitweise in einem Krankenhaus behandelt worden. Vier Hungerstreikende harren weiterhin im Invalidenpark aus.

Klimaaktivist Wolfgang Metzeler-Kick will nur noch Wasser trinken

Ein Teilnehmer will seinen Protest nun sogar verschärfen. Wolfgang Metzeler-Kick von der sogenannten “Letzten Generation” kündigte an, er werde nun auch auf Saft verzichten und nur noch Wasser, Salze und Vitamine zu sich nehmen.

Der Nürnberger Jesuit Jörg Alt ist selbst Klimaaktivist, klebte sich in der Vergangenheit mit Klimaaktivisten auf die Straße und wurde mehrfach verurteilt. Er sagt: “Ich kenne Wolfgang Metzeler-Kick seit langem. Ich weiß, wie sehr ihn dieses Thema existenziell beschäftigt und umtreibt und bin nicht überrascht von seiner Entscheidung.”

Hungerstreik stößt auf Bewunderung und Unverständnis

Die Reaktionen auf die Aktion fallen ganz unterschiedlich aus, wie ein Blick auf den Instagram-Account der Initiative “Hungern bis ihr ehrlich seid” zeigt. Eine Userin etwa schreibt: “Ich find das absolut dumm, man setzt absichtlich seine Gesundheit und sein Leben aufs Spiel, für eine Regierung die das nicht interessiert. Wie kann man sein Leben so unnötig wegwerfen?” Ein anderer Follower meint: “Ich habe maximalen Respekt vor eurem Einsatz”. Dahinter ein grünes Herz-Emoji.

Jörg Alt betont: “Auch wenn es dem Normalbürger nicht einleuchtet: Wolfgang Metzeler-Kick glaubt damit, seiner Familie, seinem Kind den besten Dienst zu erweisen, indem er für eine lebenswerte Zukunft zum Äußersten geht. Das mag man verstehen oder nicht: Man sollte es ernst nehmen.”

Jörg Alt fordert Ehrlichkeit von der Politik

In mehreren Instagram-Beiträgen unterstützt der Sozialwissenschaftler die Initiative. Es werde nichts Unbilliges von Scholz gefordert – nur das Aussprechen der Wahrheit. Alt: “Politiker wissen aufgrund der vielen Kommissionen, die sie selbst beauftragt haben, darüber sehr gut Bescheid. Indem sie dies der Bevölkerung dies nicht glasklar kommunizieren, verstoßen sie gegen ihren Amtseid der da lautet: Den Nutzen zu mehren und Schaden fernzuhalten.”

Bisher hat der Kanzler nicht auf die Forderung reagiert. Am Donnerstag hatten Aktivistinnen und Aktivisten ein Plakat mit der Aufschrift „Sei ehrlich“ an der Fassade der Bundesparteizentrale der SPD angebracht. “Was braucht es noch, damit Olaf Scholz sich endlich aus seiner Komfortzone bewegt?”, schreibt die Initiative unter den entsprechenden Instagram-Post. Ein Ende des Protests scheint nicht in Sicht.