Im Schatten der Gewalt

Klima- und Entwicklungsorganisationen begrüßten Positionierung gegen die USA. Kirchenvertreter verurteilen Ausschreitungen

Hamburg – Nach zähen Verhandlungen bis kurz vor Ende des G20-Gipfels haben sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. Darin bekannten sich alle Staaten außer den USA zum Pariser Klimaabkommen. Zugleich wurde die abweichende Position der Vereinigten Staaten festgehalten. Neben dem Klimaschutz zählten Handelsfragen zu den strittigen Themen des von gewaltsamen Krawallen überschatteten Gipfels.
Klima- und Entwicklungsorganisationen begrüßten die Positio­nierung gegen die USA. „Staats- und Regierungschefs aus Nord und Süd haben heute auf beeindruckende und kohärente Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie am weltweiten Klimaschutz festhalten“, erklärte die Vorsitzende der European Climate Foundation, Laurence Tubiana. Der Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, lobte, Trumps Versuch, das Pariser Abkommen zu unterminieren, sei von allen anderen Staaten zurückgewiesen worden. Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig sprach von einem „wichtigen Signal“. Trump sei nun „klimapolitisch isoliert“. Kritische Töne kamen hingegen von „Brot für die Welt“. Das evangelische Hilfswerk befürchtet, dass der fehlende Konsens und die vagen Formulierungen zur Klimapolitik „die dringend notwendige Umsetzung des Pariser Abkommens bremsen werden“, erklärte Klimareferentin Sabine Minninger.
Auf eine gemeinsame Haltung einigten sich die Staaten beim Thema Handel. Dem Schlussdokument zufolge bekennen sie sich zum Kampf gegen Protektionismus. Gleichwohl stellen sie klar, dass der Handel wechselseitigen Vorteilen dienen soll und es „legitime Instrumente zur Verteidigung des Handels“ gibt. Diese Formulierung ist ein Zugeständnis an US-Präsident Donald Trump.

Verantwortung für Afrika auf Gipfel bekräftigt

Weitere Beschlüsse fassten die Staats- und Regierungschefs unter anderem zu den Themen Migration, Terrorismus, Digitalisierung, Beschäftigung, Gesundheit, Frauenförderung und Entwicklungspolitik. Die Afrika-Beschlüsse des Gipfels bewerten Hilfsorganisatio­nen als zu kurz gegriffen. So berge die Initiative „Compact with Africa“ zur Förderung unternehmerischer Aktivitäten die Gefahr, dass bei Privatinvestitionen in armen Ländern Wünsche von Konzernen und Investoren im Vordergrund stünden, sagte der Leiter der Poli­tik- und Kampagnenarbeit von Ox­fam, Jörn Kalinski. Der Leiter der „Brot für die Welt“-Abteilung Politik, Klaus Seitz, sagte: „Die Fixierung auf die Förderung von investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen halten wir für verengt.“
Der Gipfel wurde geprägt von gewaltsamen Protesten der G20-Gegner. Der Berliner Bischof Markus Dröge verurteilte die Ausschreitungen scharf. Es sei „beschämend, wie Randalierer und linksextreme Gruppierungen ihren Gewaltphantasien freien Lauf lassen“, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in seiner Predigt in der Berliner St. Marienkirche. Die gewaltsamen Proteste bei dem Treffen hätten gezeigt, „dass diese Gewalttäter kein Interesse an einem gelingenden Zusammenleben haben“.
Zugleich äußerte Dröge Verständnis für Kritik am G20-Gipfel. Natürlich könne man und müsse man skeptisch sein, ob es wirklich die Bereitschaft gebe, Lasten zu teilen, „anstatt nur an den eigenen Vorteil zu denken und Schuld den jeweils anderen zuzuweisen“. Aber selbst mit dieser Skepsis im Hintergrund sei die Gewalteskalation nicht zu rechtfertigen.
Nach den schweren Ausschreitungen in der Nacht zum Samstag prägten friedlich-bunte Demonstartionen den Abschluss des Treffens, darunter das unter anderem von Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs und dem katholischen Erzbischof Stefan Heße angeführte bürgerliche Bündnis „Hamburg zeigt Haltung“. Fehrs zeigte sich erschüttert über die rohe Gewalt der „Polit-Hooligans“ in der Nacht zuvor: „Das hat nichts mehr mit Protest zu tun.“
Vor der Kundgebung hatten die christlichen Kirchen mit einem gemeinsamen Gottesdienst ihren Protest gegen die Politik der G20 zum Ausdruck gebracht. 116 Länder seien kritisch verschuldet, kritisierte Bischof Charles Jason Gordon von Barbados. Ein Prozent der Weltbevölkerung besitze mehr als die übrigen 99 Prozent. epd/UK