Hospizverband pocht auf gesetzliche Regelung zu Sterbehilfe

Im Bundestag sind im vergangenen Jahr zwei Gesetzentwürfe zur Beihilfe zum Suizid gescheitert. Der Chef des Hospiz- und Palliativverbands beklagt einen rechtsfreien Raum – und einen „Autonomiehype“.

Der Deutsche Hospiz- und Palliativverband dringt auf eine gesetzliche Regelung zu Sterbehilfe in Deutschland. „Ich wünsche mir, dass es überhaupt eine Regelung gibt. Eine Regelung ist immer noch besser als gar keine“, sagte Verbandschef Winfried Hardinghaus der Berliner „tageszeitung“ (Mittwoch). „Wir leben derzeit in einem rechtsfreien Raum. Das bedeutet, dass man auch als Laie jemandem ein Gift geben kann“, so der Palliativmediziner weiter. Bestattungsinstitute würden den assistierten Suizid zudem als Geschäftsmodell sehen. Er sehe die Gefahr, dass der Suizid in der Gesellschaft normalisiert werde.

Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt. Die Richter gaben zudem dem Recht auf freiverantwortlichen Suizid einen hohen Stellenwert: Selbsttötung sei Ausdruck von Selbstbestimmung. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, auch die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Zwei Gesetzentwürfe zu einer Neuregelung der Suizidhilfe waren im Sommer 2023 im Bundestag gescheitert. Einige Parlamentarier wollen nun einen neuen Anlauf nehmen.

Aus Sicht des Hospiz- und Palliativverbands sei die Möglichkeit zur Beratung sehr wichtig, sagte Hardinghaus. „Es sollte nicht nur zum Suizid beraten werden, sondern zuallererst zu alternativen Möglichkeiten wie einer würdevollen Hospizbegleitung und Palliativversorgung.“ Viele Menschen seien nicht ausreichend über die Alternativen informiert. Außerdem müssten Kinder von der Regelung ausgeschlossen werden, betonte Hardinghaus. Palliativversorgung ist vor allem auf die Linderung von Schmerzen bei unheilbar Kranken ausgerichtet.

Durch das Bundesverfassungsgericht sei „ein Autonomiehype ausgelöst worden“, sagte der Palliativmediziner. Es sei einerseits richtig, die Selbstbestimmung über alles zu stellen. Patienten, die sterben wollten, würden auf der Palliativstation begleitet. Andererseits entstehe aktuell jedoch der Eindruck, „dass die Entscheidung, sich helfen zu lassen, ein Aufgeben von Autonomie und Selbstbestimmung darstellt“. Dem könne er nicht zustimmen, da auch Autonomie in einem sozialen Kontext verankert sei. Eine unterstützende und respektvolle Umgebung wie etwa in der Hospizarbeit oder der Palliativversorgung sei nicht das Ende der Autonomie, sondern könne diese stärken.