Herrenchiemsee: Bundespräsident ruft zum Schutz der Demokratie auf

Vor 75 Jahren kamen auf der Insel Herrenchiemsee Politiker zusammen, um Grundlagen für das Grundgesetz zu erarbeiten. Bundespräsident Steinmeier ruft beim Festakt dazu auf, die Demokratie zu schützen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betont die Untastbarkeit der Menschenwürde und das Demokratieprinzip
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betont die Untastbarkeit der Menschenwürde und das DemokratieprinzipImago / Metodi Popow

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgerufen, die „Verächter unserer Demokratie“ in die Schranken zu weisen. „Wir alle, jede Politikerin und jeder Politiker, jede Bürgerin und jeder Bürger, wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie. Wir müssen sie schützen“, sagte Steinmeier laut Redemanuskript beim Festakt zum 75. Jahrestag des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee. Kein mündiger Wähler könne sich auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärke, die zur Verrohung der Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitrügen.

Im Alten Schloss, dem Augustiner-Chorherrenstift von Herrenchiemsee, tagten vom 10. bis 23. August 1948 rund 30 Experten aus elf Ländern der westlichen Besatzungszonen. Sie berieten über die Zukunft der deutschen Staatlichkeit und lieferten die Arbeitsgrundlage für den Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausarbeiten sollte.

Steinmeier: Das Grundgesetz vertrage harte Auseinandersetzung

Das Gedenken daran fordere heute auch zu ernsten Gedanken auf, erinnerte Steinmeier. Die Untastbarkeit der Menschenwürde und das Demokratieprinzip seien durch die Verfassung selbst jeder Abschaffung entzogen. Politisch müssten sich die Bürger aber im Klaren sein: „Unsere Verfassung verliert ihre Gültigkeit an dem Tag, an dem sie uns gleichgültig wird.“

Er wünsche sich deshalb, so der Bundespräsident, dass Herrenchiemsee und der Verfassungskonvent noch mehr ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit kämen, „als echter Ort der Demokratie“. Mit der vergrößerten Ausstellung sei dazu ein wesentlicher Schritt gemacht. Die von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit neu konzipierte Schau unter dem Titel „Der Wille zu Freiheit und Demokratie“ ist ab 11. August im Alten Schloss zu sehen.

Das Grundgesetz vertrage harte und härteste Auseinandersetzung, sagte Steinmeier. Verfassungsfeinde könne es jedoch nicht integrieren – „und wir dürfen die Gefahr, die von ihnen ausgeht, nicht ignorieren“, betonte das Staatsoberhaupt. „Verfassungsfeinde wollen ihre politischen Gegner vernichten, ihr Ziel ist totale Herrschaft.“ Niemals wieder sollten demokratische Freiheitsrechte missbraucht werden, um Freiheit und Demokratie abzuschaffen.