Heimat finden

Andacht über den Predigttext zu Epiphanias: Matthäus 2, 1-12

Predigttext
1 Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: 2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten. (…) 9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. 10 Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut 11 und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Und da ihnen im Traum befohlen wurde, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

Heimat – wo und was ist das?
In Wetter an der Ruhr bin ich aufgewachsen, in Dortmund lebe und arbeite ich. Meine Heimat ist das Ruhrgebiet.

Oft spreche ich als Seelsorger mit Menschen, die Flucht und Vertreibung erlitten haben. Heimat ist für sie das verlorene Zuhause ihrer Kindheit. Von ihnen habe ich gelernt, dass man sich besonders nach der Heimat sehnt, wenn sie fern und unerreichbar und verloren ist.

Ist Heimat dort, wo ich geboren bin oder jetzt lebe? Oder liegt sie in der wehmütigen Erinnerung an Vergangenes? Oder ist Heimat ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit?

Über Heimat wird wieder viel gesprochen und geschrieben. Neuerdings ist sogar der Bundesinnenminister offiziell auch für Heimat zuständig. Offensichtlich hat die Politik erkannt: Es gibt ein Bedürfnis nach Heimat und Zuhause, was und wo immer das sein mag.
Das Weihnachtsfest liegt hinter uns. Es ist wohl auch eine Art „Heimatfest“, denn mit den vertrauten Liedern und Bräuchen schenkt es ein Stück Beständigkeit in einer Welt, die sich so rasant verändert. Gerade an Weihnachten möchte man es am liebsten so haben wie früher – wenigstens dieses eine Mal im Jahr. Denn allzu bald müssen wir ja weiterziehen, das Fest hinter uns lassen. Der Alltag hat uns wieder; das Jahr 2019 stellt uns vor neue Herausforderungen.

„Gott ist in der Welt erschienen!“ Das ist die Bedeutung von Epiphanias, dem Fest, das wir am 6. Januar, also an diesem Sonntag, feiern. Die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland führt uns noch einmal zurück zum Kind von Bethlehem. Und erzählt, wie Gottes Erscheinen in der Welt Menschen in Bewegung setzt. Die Weisen sehen einen großen Stern aufgehen. Sie verlassen ihre Heimat. Der Stern führt sie ins Heilige Land – und auf dem Umweg über den Hof des Königs Herodes zum neugeborenen Jesus.

Die Weisen leben eine alte Sehnsucht: Dass es klare und eindeutige Zeichen gibt, die mir die Richtung anzeigen. Etwas, woran ich mich halten kann. Etwas Unverbrüchliches, das mich in bewegten Zeiten zum Ziel führt. Wie ein heller Stern in dunkler Nacht.

Diese alte Sehnsucht nach Orientierung ist sehr aktuell. Was für unsere Großeltern noch selbstverständlich war, ist es heute nicht mehr. Was gilt in unserem Leben? Wonach können wir uns richten? Was gibt uns Sicherheit? Wo finden wir ein Stück Heimat?

„Gott ist in der Welt erschienen!“ In all unserem Suchen und Fragen erzählt das Fest Epiphanias davon, wie einer angekommen ist in seiner neuen Heimat, und zwar für immer! Unsere Welt, unser Leben: Das ist Gottes neue Heimat. Mit allen Konsequenzen. Gott richtet sich in ihr nicht idyllisch und behaglich ein. Bald schon müssen Maria, Josef und das Kind nach Ägypten fliehen, weil der machtbesessene König Herodes blutrünstige Pläne schmiedet. Jesus Christus, der Sohn Gottes, wird wie einer der Millionen Flüchtlinge, die ihre Heimat verloren haben.
Gott ist beheimatet bei uns, ob mit festem Wohnsitz oder auf der Flucht, ob voller Zuversicht oder in tiefer Resignation. Sein Erscheinen in unserer Welt stellt unsere Suche, unser Fragen, unseren Weg in ein neues Licht.
Nachdem die Weisen das Kind in Bethlehem gesehen haben, ziehen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land, heißt es. Sie kehren in ihre Heimat zurück, und doch ist jetzt alles anders als vorher.

Wenn wir uns nun auf den Weg machen ins neue Jahr, möge uns das Mut machen. Mut, die Herausforderungen und Veränderungen, die vor uns liegen, anzunehmen.
Denn wenn sich auch um uns herum alles rasant wandelt, wenn wir unsere Heimat oft nicht wiedererkennen: Gott ist in unserer Welt erschienen.
Heimat – wo und was ist das? Gott hat Heimat gefunden bei uns!