Hausärzte warnen vor Medikamentenvergabe per Gießkannenprinzip

Ärzte und Krankenkassen halten nicht viel vom Gesunden-Herz-Gesetz des Bundesgesundheitsministeriums. Sie fordern, stärker auf einen anderen Lebensstil und bessere Ernährung zu setzen.

Hausärzte und Krankenkassen reagieren auf das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Gesunde-Herz-Gesetz mit erheblicher Skepsis. Deutschland habe bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen Nachholbedarf, erklärte der Hausärzteverband am Dienstag in Berlin. Daher sei das Grundanliegen des Ministers in seinem nun vorliegenden Referentenentwurf begrüßenswert, aber die Umsetzung nicht zielführend. “Immer mehr Tests und eine Medikamentenvergabe per Gießkannenprinzip lehnen wir ganz klar ab”, betonte der Verband.

Insbesondere bei Jüngeren seien flächendeckende Screenings und eine eventuell darauf folgende medikamentöse Therapie mit größter Vorsicht zu behandeln. “Das hier angewandte Prinzip ‘Viel hilft viel’ ist aus medizinischer Sicht mehr als zweifelhaft, gerade auch, weil die Evidenzlage sehr dünn ist”, so die Hausärzte. Der Minister will mit dem Gesetz Menschen in Deutschland verstärkt an Vorsorgeuntersuchungen zu Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen teilnehmen lassen.

Auch die Techniker Krankenkasse und der Verband der Ersatzkassen (vdek) kritisierten die Inhalte des Gesetzentwurfs. “Das Herzgesetz packt das Problem nicht bei der Wurzel. Den eigentlichen Präventionsgedanken, nämlich Ursachen und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen strukturiert und nachhaltig anzugehen, sucht man bisher vergeblich”, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Etablierte Präventionsansätze wie Bewegung, Ernährung oder Entspannung blieben außen vor.

Auch Ulrike Elsner, vdek-Vorstandsvorsitzende, erklärte, die Herzgesundheit zu stärken sei sicher ein gutes Ziel. “Aber dieses Gesetz geht in die völlig falsche Richtung. Statt die Menschen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, etwa durch bessere Ernährung oder mehr Bewegung, sollen Krankheitssymptome mit Medikamenten behandelt werden, deren Nutzen nicht einmal klar nachgewiesen ist.” Damit fördere man eine zunehmende Medikalisierung von Krankheitsrisiken, ohne an die Ursachen zu gehen.