Hat das Kirchenmusik-Tandem eine Zukunft?

Gerald de Vries und Karsten Krüger haben sich die Stelle des Landeskirchenmusikdirektors von Braunschweig geteilt. Die ungewöhnliche Konstellation läuft zum 30. April aus. Und dann?

Ein Amt, zwei gut gelaunte Musiker: Gerald de Vries (l.) und Karsten Krüger.
Ein Amt, zwei gut gelaunte Musiker: Gerald de Vries (l.) und Karsten Krüger.privat

Es ist eine ungewöhnliche Konstruktion: Fast drei Jahre lang hat in der Landeskirche Braunschweig ein Tandem an der Spitze der Kirchenmusik gestanden. Die Propsteikantoren Gerald de Vries aus Goslar und Karsten Krüger aus Bad Harzburg haben sich die Aufgabe des Landeskirchenmusikdirektors (LKMD) geteilt. Sie ziehen eine positive Bilanz dieser Lösung, doch wie es ab Mai weitergehen soll ist unklar.

„Ich persönlich blicke auf die enge Zusammenarbeit mit meinem Kollegen gerne zurück, habe viele Einblicke in seine Arbeitsweise erhalten und eine Menge dazugelernt“, sagt Gerald de Vries. Karsten Krüger bestätigt das. Sie seien schon mit einem gewissen Respekt rangegangen, „aber es ist gut gelaufen.“

Harmonie auf zwei halben Stellen

Entscheidend sei dabei vor allem gewesen, dass die beiden Musiker sich davor schon jahrelang kannten – und harmonierten. „Eine Tandemlösung ist immer eine Option, es braucht dann nur zwei Kolleginnen oder Kollegen, die ohne Eitelkeiten miteinander zusammenarbeiten wollen“, fasst de Vries zusammen.

Die Tandemlösung geht zum 30. April zu Ende – und eine Verlängerung wird es nicht geben. „Wir werden auf unseren bisherigen Stellen die Propsteikantorate weiterführen, dieses Modell war nur befristet gedacht“, betont de Vries. Krüger sieht das ähnlich. „Es war als Hilfsdienst gedacht“ – zumal sie eben auch ihre Aufgaben als Propsteikantoren hätten. Wie es nun mit der Stelle des Landeskirchenmusikdirektors weitergeht, ist völlig offen. „Wir Kollegen hoffen sehr auf eine baldige Lösung.“

Doch so einfach ist das nicht: Für die Stelle der Landeskirchenmusikdirektorin oder des Landeskirchenmusikdirektors steht nur eine halbe Stelle im Stellenplan der braunschweigischen Landeskirche. „Es muss also eine weitere dazu passende halbe Stelle frei sein, um eine volle Stelle besetzen zu können, das war vor drei Jahren und ist bis heute nicht der Fall“, erläutert de Vries.

Vakanz ohne absehbares Ende

Was sie selbst schnell festgestellt haben: „Die halbe Stelle reicht bei weitem nicht aus, um sinnvoll kirchenmusikalische Akzente zu setzen. Oft haben wir zu zweit die Fülle an Anforderungen nur mit einem erheblichen Maß an Zusatzarbeit erledigen können.“

Wie eine Lösung aussehen kann und wann sie feststeht, ist bisher noch offen. „Das Landeskirchenamt bemüht sich um eine Nachfolgeregelung, die sich aber konzeptionell noch in der Entwicklung befindet“, umschreibt Presssprecher Michael Strauß. „Wie lange die eintretende Vakanz dauern wird, ist derzeit noch nicht absehbar“. Es gebe aber Absprachen, damit die laufende Arbeit keinen Schaden nehme.

Krüger und de Vries hatten sich vor dem Hintergrund der Pandemie und ihrer Auswirkungen bereit erklärt, das Amt mit jeweils 25 Prozent Stellenanteil zu übernehmen. „Die Teamarbeit hat hervorragend funktioniert. Mein Kollege und ich sind seit Jahren gut befreundet, greifen auf unseren Stellen in Bad Harzburg und Goslar auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung zurück und haben zusammen viele Dinge in die Wege geleitet“, so de Vries.

„Die Musik bietet viele Chancen für Kirche“

Priorität für die beiden hatte die Zusammenarbeit miteinander und mit anderen Kirchenmusikern sowie die Nachwuchsförderung. Für die Ausbildung wurde ein C-Kurs installiert, D-Kurse wieder neu gestartet „und bei Stellenumstrukturierungen und -neubesetzungen hat es sehr gut getan, dass wir mit vier Augen auf die musikalischen Belange geschaut haben“.

Doch wichtig war ihnen auch, der Kirchenmusik eine Stimme im Zukunftsprozess der Landeskirche zu geben. „Die Aufgaben werden nicht weniger und gerade auch die Musik bietet viele Chancen und Möglichkeiten für die Kirche“, betont Krüger. Dieses Potenzial werde oft noch nicht ausgenutzt. „Wir haben alles in die Wege geleitet, was nötig war, und manche Aufgaben warten nun auf ihre Erledigung von nicht kirchenmusikalischer Seite.“