Hamburg beschließt Erinnerungskonzept zu kolonialem Erbe

Der Hamburger Senat hat ein stadtweites Erinnerungskonzept zum Umgang mit dem kolonialen Erbe der Stadt und seinen gesellschaftlichen Folgen beschlossen. Darin würden erstmals alle bestehenden Maßnahmen und Aktivitäten des Senats, der Fachbehörden, vielfältiger Institutionen und zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure gebündelt, wie die Kulturbehörde am Dienstag mitteilte. Das Konzept begreife die Aufarbeitung als gesellschaftliche Aufgabe, bei der die Beteiligung der vom Kolonialismus und seinen Folgen Betroffenen wesentlich sei, hieß es.

Unter anderem würden in dem Konzept fünf Handlungsfelder beschrieben, in denen eine dekolonisierende Erinnerungskultur gemeinsam umgesetzt werden soll. Dazu gehören die wissenschaftliche Aufarbeitung, die Vermittlung von Wissen rund um den Kolonialismus und seine Folgen, das Schaffen würdigender Formen und Orte des dekolonialisierenden Erinnerns, Dialog und Versöhnung sowie die Förderung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten. Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sagte, dass es auch darum gehe, die eigenen blinden Flecken in der Aufarbeitungsgeschichte zu erkennen. „Das kann nur gelingen, wenn wir denjenigen zuhören, die Nachfahren von ehemals kolonisierten Menschen sind und die bis heute die Folgen kolonialer Herrschaft auf besondere Weise spüren.“

Vom Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs hieß es: „Oft bestehen koloniale Spuren bis heute unkommentiert fort oder wurden wie die Statuen von Kolumbus und Vasco da Gama am Eingang zur HafenCity in ein Stadtbild integriert, das Hamburg als Schauplatz der europäischen Entdeckungen und der Globalisierung feiert.“ Ebenso gehörten der Baakenhafen, die Geschichte des Tierparks Hagenbeck sowie die Gefallenengedenktafel in der Hauptkirche St. Michaelis zu den „weitgehend unkommentierten Leerstellen“ in der Geschichte der Stadt. Hamburg müsse sich der kolonialen Vergangenheit und ihrer Folgen stellen.

2014 hat der Senat beschlossen, die koloniale Vergangenheit der Stadt aufzuarbeiten. Zuvor haben sich bereits zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen dahin gehend engagiert. Seitdem seien unter anderem mit dem Runden Tisch „Koloniales Erbe“ und dem Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs zahlreiche Aktivitäten angestoßen worden. Ein 2020 verfasstes Eckpunktepapier des Beirates bilde jetzt die Grundlage für das vom Senat beschlossene Erinnerungskonzept.

Im Rahmen des Projekts „Hamburg dekolonisieren! Initiative zur Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe der Stadt“ laden vom 22. bis zum 26. Mai zahlreiche Hamburger Initiativen zum Open Air „DIGGAHH“ (Dekolonial / Interaktiv / Gemeinsam / Gesellschaftlich / Aktuell / Hansestadt Hamburg) ein. Das Programm, das von einem kuratorischen Team aus verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft konzipiert worden ist, umfasse Workshops, Talks, Lesungen und Führungen sowie Beiträge aus Kunst und Musik. Das Open Air werde am Musikpavillon in Planten un Blomen und an weiteren Orten der Stadt stattfinden.