Habeck und Lindner: Lehren aus Corona ziehen

Die Bundesminister Robert Habeck und Christian Lindner halten eine Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen für geboten. Lindner möchte dafür eine Enquete-Kommission im Bundestag einsetzen.

Solche Schilder waren während der Corona-Pandemie allgegenwärtig
Solche Schilder waren während der Corona-Pandemie allgegenwärtigImago / Wolfgang Maria Weber

Vier Jahre nach der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus werden die Stimmen auch von Spitzenpolitikern lauter, die eine Aufarbeitung der Pandemie-Maßnahmen in Deutschland fordern. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte der Bild-Zeitung: „Ich denke, wir sollten den Mut haben, die Lehren ziehen, Abläufe überprüfen, die Auswirkungen evaluieren.“ Aus Erfahrung lernen, das sei die Devise. FDP-Chef Christian Lindner hält eine Enquete-Kommission des Bundestages für „das Mittel der Wahl“.

Diese Forderung aus der FDP hatten die Koalitionspartner SPD und Grüne im Bund bislang nicht unterstützt. Nun sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Helge Limburg, der Welt: „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wäre es gut, wenn es mit etwas Abstand eine Aufarbeitung der Corona-Politik gäbe.“ Er halte eine Enquete-Kommission, eine Expertenkommission oder eine andere Form der Auseinandersetzung für möglich.

Lindner: Spaltung der Gesellschaft dauere bis heute an

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte dem Nachrichtenportal t-online: „Ich halte eine Aufarbeitung – in welcher Form auch immer – für wichtig, um für die Zukunft zu lernen und auch, um den Riss zu kitten, der zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen entstanden ist.“

FDP-Chef Lindner sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, die Spaltung der Gesellschaft dauere zum Teil bis heute an. Eine systematische Fehleranalyse könne einen Betrag zur Aussöhnung von Befürworten und Gegnern der Maßnahmen sein.

„Heute wissen wir, dass viele Entscheidungen der früheren Bundesregierung großen sozialen und wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben“, sagte der Bundesfinanzminister: „Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Zutrittsverbote waren zum Teil absolut unverhältnismäßige Eingriffe in die Freiheitsrechte.“

Habeck: Für Kinder und Jugendliche Zeit der Einsamkeit

Bundeswirtschaftsminister Habeck sagte: „Es wurden durch die Entscheidungen Leben gerettet, aber gerade für Kinder und Jugendliche war es auch eine Zeit der großen Einsamkeit.“ Die damalige große Koalition habe „in einer nie gekannten Situation auf schwankendem Boden schnell tiefgreifende Entscheidungen treffen“ müssen. „Sicherlich sind da auch Fehler passiert, aber genauso wäre es ein Fehler gewesen, nicht zu entscheiden“, sagte er.

Vor vier Jahren hatte sich das Coronavirus binnen weniger Wochen weltweit ausgebreitet. In Deutschland entschied sich die Politik damals unter anderem für Schulschließungen und Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Deren Ausmaß sehen neben anderen der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) rückblickend kritisch. Auch ein Übergewicht von Regierungsentscheidungen und eine damit einhergehende mangelnde Beteiligung von Bundestag und Landtagen stießen auf Bedenken.