Grünen-Chef Nouripour warnt vor Aufwertung der Taliban

Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim werden Forderungen lauter, Straftäter auch in Länder wie Afghanistan abzuschieben. Doch das klinge einfacher, als es in Wahrheit sei, warnt Grünen-Chef Nouripour.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour dämpft die Erwartungen, afghanische Straftäter aus Deutschland in ihr Heimatland abschieben zu können. “Man muss auch reinen Wein einschenken und sagen, dass es zahlreiche Hindernisse gibt”, sagte er dem “Spiegel” (Freitag): “Sie können nicht einfach mit den Taliban verhandeln. Die Anerkennung als Regierung wäre ein gigantischer Erfolg für eine islamistische Terrororganisation.”

Nouripour fügte hinzu, geordnete Rückführungen setzten ein Mindestmaß an diplomatischen Gesprächen voraus, etwa bei der Anerkennung der Staatsbürgerschaft. Dass die Taliban mit einigen Ländern in der Region Deals abgeschlossen hätten, sei nur gegen Geld gegangen, aber: “Wollen wir wirklich eine Terrororganisation finanzieren? Das ist keine gute Idee.”

Seit der tödlichen Attacke auf eine islamkritische Kundgebung in Mannheim vor zwei Wochen fordern zahlreiche Politiker, Straftäter auch wieder nach Afghanistan abzuschieben. Ein Afghane hatte auf dem Marktplatz ein Messer gezogen und sechs Menschen verletzt. Ein Polizist, der zur Hilfe geeilt war, starb an seinen Verletzungen. Die Ermittler vermuten ein islamistisches Motiv für die Tat.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Bundestag für die Abschiebung von Straftätern aus unsicheren Ländern wie Syrien und Afghanistan ausgesprochen: “Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren.”

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte daraufhin im Deutschlandfunk erklärt, sie wolle, “dass abgeschoben wird nach Afghanistan und Syrien, weil es nicht sein kann, dass Gefährder und Straftäter, wenn sie ihre Haft hier verbüßt haben und von ihnen immer noch Gefahr ausgeht, dass sie hierbleiben. Da gehen deutsche Interessen, Sicherheitsinteressen einfach vor.”

In der Bevölkerung ist die Zustimmung zu Abschiebungen nach Afghanistan groß: Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa sind 93 Prozent für Rückführungen, wie “Bild am Sonntag” berichtete. Auf die Frage, wer nach Afghanistan zurückgeführt werden sollte, antworteten demnach 53 Prozent mit “alle Asylbewerber, deren Asylantrag abgelehnt wurde”, 41 Prozent mit “nur Schwerkriminelle und terroristische Gefährder” und 3 Prozent mit “niemand” (“weiß nicht/keine Ahnung”: 4 Prozent).