Die Feuerwehr-Omas helfen Eltern in Not

Wenn die Großeltern nicht in der Nähe wohnen, springen in Hamburg rund 100 ehrenamtliche Feuerwehr-Omas und -Opas ein. Eine Win-win-Situation für Jung und Alt.

Heide Bräuninger und Hendrik Schebor sind sich sicher: Sie bleiben füreinander Oma und Enkel
Heide Bräuninger und Hendrik Schebor sind sich sicher: Sie bleiben füreinander Oma und EnkelRebekka Krüger

Essen gehen, ein Kinoabend oder ein Theaterbesuch, das ist für junge Eltern nicht selbstverständlich. „Genau für diese Situationen gibt es uns Feuerwehr-Omas und -Opas“, sagt Heide Bräuninger. Die 83-Jährige ist seit acht Jahren als Feuerwehr-Oma im Einsatz. „Wir helfen in Notsituationen – bei Krankheit, einem geschlossenen Kindergarten, oder einfach wenn die Eltern mal Zeit für sich brauchen.“ Das Projekt des Oma-Hilfsdienstes ist 1979 von Beate Schmidt in Hamburg ins Leben gerufen worden. Seit 1993 steht es gemeinsam mit anderen generationsverbindenden Projekten unter der Schirmherrschaft des Vereins „Jung & Alt“.

Die rund 100 ehrenamtlichen Feuerwehr-Omas und -Opas helfen bei den Hausaufgaben, erzählen Geschichten und nehmen sich vor allem Zeit für ihre neuen Enkelkinder. Passgenau werden die Omas und Opas, nach Angaben der Eltern und der Ehrenamtlichen, einander zugeteilt. „Ich wurde noch gefragt, in welchem Bezirk ich in Hamburg gerne arbeiten wolle und ich habe nur geantwortet: überall“, sagt Bräuninger. Sie sei abenteuerlustig, neu in der Hansestadt und habe Zeit.

Kein Ersatz für Großeltern

Vor elf Jahren zog die damals 72-Jährige alleine von der Schweiz nach Hamburg. „Das Projekt war genau das, was ich damals gesucht habe. Eine Möglichkeit, die Stadt zu erkunden und besonders neue und auch mal jüngere Menschen kennenzulernen“, sagt Bräuninger. Der Umzug sei ein Neuanfang nach dem Tod ihres Mannes gewesen. „Es war sein Traum, weiter in den Norden zu ziehen.“ Auf seiner Beerdigung fasste sie den Entschluss, das Vorhaben auch alleine anzugehen.

Mittlerweile betreut sie mehrere Enkelkinder, ihr erstes Feuerwehrenkelkind hat sie ganz besonders ins Herz geschlossen. „Hendrik war fünf Jahre alt, als ich angefangen habe immer mal wieder auf ihn aufzupassen, mittlerweile ist er 13 und wir sehen uns immer noch“, freut sich Bräuninger. Hendrik Schebor hat leibliche Großeltern. „Die leben aber nicht so nah“, erklärt der Schüler. Sein Vater sei krank und könne nicht so lange unterwegs sein. Da sei „ein Fischbrötchen mit Frau Bräuninger“ manchmal einfach das Richtige.

Besonders gerne gehen die beiden zusammen Schiffe oder Autos angucken. „Er scheucht mich manchmal ganz schön“, sagt Bräuninger lachend. „Aber so bleibe ich in Bewegung.“ Die 83-Jährige freue sich über den Kontakt zu jüngeren Menschen, den aufzubauen sei bei vielen Projekten und Veranstaltungen gar nicht so leicht. Mit den Eltern von Hendrik habe sie sich inzwischen angefreundet. In die Erziehung ihrer Feuerwehrenkel greife sie aber nicht ein.

Das Wichtigste ist Zeit

„Ich bin nicht da, um die Kinder zu bespaßen“, sagt Bräuninger bestimmt. Natürlich würden Hendrik und sie Spaß haben, zusammen spielen oder Ausflüge machen, „aber ich bin da, um auf die Kinder aufzupassen, ich höre zu und nehme mir Zeit, das ist das Allerwichtigste.“ Die Betreuung finde in der Regel im gewohnten Umfeld der Kinder statt. Die Ehrenamtlichen kommen zu ihnen nach Hause und verbringen dort gemeinsam Zeit. Hendrik komme mittlerweile bei „Frau Bräuninger“, wie er sie nennt, vorbei. Er siezt die gelernte Kauffrau, an seiner Wahrnehmung von Frau Bräuninger ändere das nichts: „Sie ist einfach eine sehr liebe Person und eine tolle Oma.“

Das Oma-Hilfsprojekt sei für Heide Bräuninger kein Ersatz für ihre leibliche Familie. Sie hat eine Tochter in der Schweiz und einen Enkel, mit dem sie mehrmals in der Woche telefoniere und der sie regelmäßig besuche. „Die beiden wohnen zwar weit weg, aber mein Enkel hat mir seinen alten Laptop mitgegeben“, erklärt Bräuninger. „Das war mein Fenster in die Außenwelt.“ So habe sie im Internet auch den Verein „Jung & Alt“ sowie die „Omas gegen Rechts“ gefunden, bei denen sie sich seit 2018 engagiert.

Ein Win-Win-Ehrenamt

Die meisten Kinder im Oma-Hilfsdienst seien zwischen 0 und 10 Jahren alt, die Ehrenamtlichen zwischen 50 und 80 Jahren, sagt Beate Schmidt von „Jung & Alt“. Seit 2008 ist er anerkannter Träger der Jugendhilfe. Das Projekt ist ein Abo-Format. Für etwa 30 Euro stünden den Eltern bis zu zwei Betreuungen für maximal vier bis sechs Stunden im Monat zu, je nach Belastbarkeit der Ehrenamtlichen. Außerdem gibt es Angebote für Notfälle.

Die Dauer der Leihoma oder -opaschaft sei individuell. Das zeigt auch die Beziehung zwischen Heide Bräuninger und Hendrik Schebor. Für beide steht jetzt schon fest: „Wir werden auch weiter zusammen Fischbrötchen essen.“