Gott im Pott

Posaunenchöre und Beten unter freiem Himmel – beides darf beim Kirchentag nicht fehlen. Beim größten Treffen evangelischer Laien in Dortmund stehen aber auch wichtige politische Themen auf der Agenda, etwa der Umgang mit der AfD.

Auch Emma, das Maskottchen von Borussia Dortrmund, freut sich auf den Kirchentag
Auch Emma, das Maskottchen von Borussia Dortrmund, freut sich auf den KirchentagFriedrich Stark / epd

Dortmund. Menschenmengen sind die Dortmunder gewohnt. Die Stadt im Ruhrgebiet zieht regelmäßig Tausende Fußballfans des Bundesliga-Spitzenklubs Borussia Dortmund an. Mit dem Meistertitel ist es in diesem Jahr nichts gworden, doch Feiern im Freien mit geschätzt 100.000 Gästen ist dennoch möglich: Der evangelische Kirchentag 2019 ist vom 19. bis 23. Juni zu Gast in der Ruhrmetropole.

Kirchentag – das bedeutet: spontanes Singen in der U-Bahn, Posaunenchöre, die Straßenmusik machen, und Beten unter freiem Himmel. Selten sind Gläubige in der Gesellschaft so sichtbar wie beim Kirchentag. Das Treffen der evangelischen Laien bedeutet aber auch politischen Diskurs. „Es wird ein großes Glaubensfest und gleichzeitig ein sehr politischer Kirchentag“, sagt Kirchentagspräsident Hans Leyendecker. Und so haben die Veranstalter mit der Kirchentagslosung „Was für ein Vertrauen“ einen Nerv getroffen in Zeiten, in denen Vertrauen zu einer wichtigen politischen Ressource geworden und immer wieder von Vertrauenskrisen die Rede ist. Zur „Echten Liebe“, die die Borussia mit ihrem Motto verspricht, gesellt sich „Echtes Vertrauen“.

Berliner Politiker auf dem Podium

Mit der Entscheidung, AfD-Politiker nicht zu Kirchentagspodien einzuladen, haben die Veranstalter allerdings auch eine Debatte ausgelöst. Beim zurückliegenden Kirchentag 2017 in Berlin hatte die AfD noch mitdiskutieren dürfen. Der Ausschluss gelte nur Partei-Funktionären und nicht den Bürgern, die mit der AfD sympathisieren, betonte das Präsidium. Präsident Leyendecker selbst verteidigte die Entscheidung immer wieder mit den Worten, dass sich die Partei seit 2017 weiter radikalisiert habe.

Um aber im Gespräch zu bleiben mit allen, die aus Protest gegen die Regierung unter Angela Merkel mit der AfD liebäugeln, gibt es ein Barcamp mit dem Titel „Das soll doch mal gesagt werden dürfen“. Der Name soll Programm sein. Auch die Themen „neuer Konservatismus“ und „Angst“ stehen auf der Agenda. Unter den Rednern und Podien-Gästen sind viele Politiker aus der ersten Reihe: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nebst seinen drei Amtsvorgängern Joachim Gauck, Christian Wulff und Horst Köhler werden erwartet.

Dortmund sei genau der richtige Ort für die politische Kontroverse über gesellschaftlich relevanten Themen, sagt Leyendecker, der im Rheinland verwurzelt ist. Hier spiegele sich die „bunte Vielfalt“ der Gesellschaft. Kohle und Stahl haben Dortmund fast ein Jahrhundert lang als Stadt geprägt. Nach dem Niedergang der Kohle- und Stahl-Industrie scheinen die Dortmunder den wirtschaftlichen Strukturwandel geschafft zu haben. Doch die Stadt macht immer wieder negative Schlagzeilen wegen der rechten Szene im Stadtteil Dorstfeld.

Mehr als 100.000 Besucher erwartet

Zu weiteren gesellschaftlichen Themen zählen Klimaschutz, Digitalisierung, sexualisierte Gewalt und feministische Theologie. Hinzu kommt ein üppiges Kulturprogramm mit 600 Veranstaltungen. Alle Veranstaltungen sollen zudem barrierefrei sein.

Damit sich die mehr als 100.000 erwarteten Besucher in der Stadt und bei den Veranstaltungen sicher fühlen können, werden Tausende Einsatzkräfte für Ordnung sorgen. Veranstaltungsorte werden zusätzlich mit Betonklötzen und Lkw-Sperren abgesichert. Innerhalb der Innenstadt gilt an allen Veranstaltungstagen tagsüber ein Lkw-Fahrverbot.

Am Ende des Kirchentages werden sich Fußball und Glauben noch einmal ganz nahe kommen. Einer der beiden zentralen Abschlussgottesdienste wird im Stadion stattfinden. Dann geht es nicht um echte Liebe zur Borussia, sondern um echte Liebe zu Gott. (epd)