Verteidigung fordert Freispruch für Pastor Latzel

Der Bremer Theologe habe nicht zum Hass aufgestachelt und niemanden ausgegrenzt, sagt der Verteidiger. Die Staatsanwältin sieht das anders. Bald soll das Urteil fallen.

Pastor Olaf Latzel in der Bremer Kirche St. Martini
Pastor Olaf Latzel in der Bremer Kirche St. MartiniAlasdair Jardine / epd

Bremen. Im Berufungsverfahren gegen den in erster Instanz wegen homosexuellenfeindlicher Volksverhetzung verurteilten Bremer Pastor Olaf Latzel hat die Verteidigung einen Freispruch gefordert. Der Tatbestand der Volksverhetzung sei nicht erfüllt, argumentierte Strafverteidiger Sascha Böttner vor dem Landgericht in Bremen. So habe Latzel keine Gruppen oder Personen angegriffen, nicht zum Hass aufgestachelt und niemanden ausgegrenzt. Die Staatsanwaltschaft plädierte dafür, das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen.

Im Oktober 2019 hatte der streng konservative Pastor der evangelischen St.-Martini-Gemeinde in Bremen in einer „biblischen Fahrschule zur Ehe“ vor 30 Paaren unter anderem gesagt, Homosexualität sei eine „Degenerationsform von Gesellschaft“. Der Theologe warnte vor einer „Homolobby“: „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch.“ Eine Aufzeichnung des Seminars war zeitweise online auf Latzels Youtube-Kanal zu hören. Eine Tonaufnahme davon wurde im März des Folgejahres mit seiner Einwilligung auf seinem Youtube-Kanal mit Tausenden Abonnenten online gestellt.

Zu Geldstrafe verurteilt

Das Bremer Amtsgericht hatte ihn wegen seiner Äußerungen im November 2020 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 8100 Euro. Böttner wiederholte vor dem Landgericht seine Einschätzung von 2020, der Spruch sei „eine Katastrophe“. Weder habe sich Latzel gegen eine Gruppe gewandt noch habe er gehetzt. Er habe Homosexualität und Gender-Mainstreaming kritisiert und zur Umkehr aufgerufen: „Wenn man darauf nicht mehr hinweisen darf, ist das das Ende der Glaubensfreiheit.“

Isolde Karle
Isolde KarlePrivat

Böttner mutmaßte, mit dem Prozess habe man versucht, Latzel zu vernichten und seine bibeltreue Gemeinde aus Bremen zu entfernen. Darauf sei jahrelang hingearbeitet worden. „Dann hat die Staatsanwaltschaft versagt.“ Die Verteidigung verwies überdies darauf, dass sich Latzel glaubhaft für etwaige Missverstände mehrfach entschuldigt habe.

Staatsanwältin Melina Lutz hielt dem entgegen, Latzel habe sich mit seinen Äußerungen unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit volksverhetzend geäußert, zum Handeln aufgerufen und den öffentlichen Frieden gestört. Er habe zum Hass aufgestachelt und die Menschenwürde von Personen verletzt, die der LGBT-Community angehören. Zudem habe er zwar die Wahl seiner Worte bereut, aber nicht deren Inhalt. In der Güterabwägung zwischen Religionsfreiheit und der Menschenwürde müsse die Entscheidung des Amtsgerichtes bestehen bleiben.


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Im Verlauf des Prozesses hatte die Kammer unter Vorsitz von Richter Hendrik Göhner zwei Sachverständige bestellt, die sich zu der Frage äußern sollten, ob die Worte Latzels eine theologische Berechtigung haben oder ob es sich um eine persönliche Meinung handelt. Dazu erschienen der konservative Wiener Bibelwissenschaftler Ludger Schwienhorst-Schönberger und die liberale Bochumer Theologieprofessorin Isolde Karle, gegen die die Verteidigung einen Befangenheitsantrag stellte.

Gründe für Befangenheit genannt

Dem Antrag folgte die Kammer am Montag. Die Sachverständige habe ihren theologischen Gutachterauftrag mit Aussagen zu Rechtsfragen überschritten und Latzel vorverurteilt, hieß es. Schwienhorst-Schönberger hatte gesagt, die Aussagen des Pastors hätten „eine gute biblische Grundlage“. An diesem Freitag, 20. Mai, soll das Urteil gesprochen werden, das nicht härter ausfallen darf als in der ersten Instanz. (epd)