Gerhard Richter Museum nahe der Gedenkstätte Auschwitz eröffnet

Das vom Künstler Gerhard Richter entworfene Museum für seinen Zyklus „Birkenau“ ist am Freitag (9. Februar), dem 92. Geburtstag des Künstlers, in der polnischen Stadt Oswiecim unweit der Gedenkstätte für das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz eröffnet worden. Richter hatte nach den einzigen von Häftlingen des Lagers heimlich aufgenommenen Fotos von Mordaktionen vier abstrakte Bilder geschaffen. Er sei dankbar, dass er mit seinen Werken einen Ausdruck für den unfassbaren Schmerz der Verbrechen finden konnte, sagte dessen Frau Sabine Moritz-Richter bei der Eröffnung.

Staatsminister im Kanzleramt Wolfgang Schmitt hob hervor, dass die Werke Symbole der Menschlichkeit seien an einem Ort, an dem die Menschlichkeit verschwinden sollte. Gerade angesichts des gegenwärtigen Aufflammens des Rechtsextremismus sei es wichtig, „Menschlichkeit immer zum Maß des Handelns zu machen“, betonte Schmitt.

Der Präsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, der Auschwitz-Überlebende Marian Turski, sagte in seiner Rede, dass gerade abstrakte Kunst die Fantasie anrege und Überlebenden wie ihm einen Raum für den Umgang mit ihren Traumata eröffne. „Die Gedenkstätte Auschwitz hat jetzt einen Ort der Meditation und Stille, an dem auch Besucherinnen und Besucher ihre verstörenden Eindrücke reflektieren können“, sagte Turski.

Der Zyklus „Birkenau“ gilt als eine der bedeutendsten Werkgruppen des Kölner Künstlers. Ausgehend von Fotografien, die im Jahre 1944 im Vernichtungslager Birkenau heimlich aufgenommen wurden, hat er im Jahr 2014 deren Motive als Vorlage übernommen, sie in mehreren Arbeitsgängen immer wieder übermalt und verändert. Die vier Gemälde sind in den Farben Schwarz, Grau, Rot und Grün gehalten und mit einem für den Künstler typischen Rakel bearbeitet. Anschließend wurden von den monumentalen Gemälden gleich große Fotografien angefertigt und hinter Acrylglas versiegelt.

Die vier Originalfotografien wurden nach Angaben des Auschwitz-Komitees 1944 unter Lebensgefahr von Häftlingen des Sonderkommandos nahe Gaskammer und Krematorium Nummer 5 im Lager Birkenau gemacht. Sie gelten als die einzigen fotografischen Dokumente des Holocaust, in denen die Ermordung und Verbrennung jüdischer Menschen in Auschwitz festgehalten ist. Publiziert wurden sie erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diejenigen, die die Aufnahmen damals machten und aus dem Lager schmuggelten, kamen im KZ ums Leben.

Das Museum Gerhard Richter Zyklus Birkenau liegt wenige Kilometer entfernt von dem ehemaligen Konzentrationslager auf dem Gelände der Internationalen Jugendbegegnungsstätte. Diese war unter anderem von der evangelischen Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste (ASF) gegründet worden. Bis heute arbeiten hier Jugendliche als Freiwillige der ASF.

Finanziert wurde das Museum zu großen Teilen mit einer Spende des Volkswagen-Konzerns, dessen Auszubildende und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit 20 Jahren regelmäßig zusammen mit polnischen Jugendlichen in der KZ-Gedenkstätte arbeiten, um die Anlage instand zu halten.