Gedenkstätten-Chef warnt vor AfD-Einfluss auf Erinnerungsorte

Thüringen nach der Landtagswahl im Herbst: Was es für die Arbeit von Gedenkstätten konkret bedeuten könnte, sollte die AfD gut abschneiden, erklärt der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Ein „wie auch immer geartetes Regierungsbündnis mit der AfD“ in Thüringen könnte aus Sicht von Gedenkstätten-Chef Jens-Christian Wagner massive Auswirkungen auf die Arbeit der Erinnerungsorte haben. So könne ein AfD-Poitiker oder eine AfD-Politikerin den Vorsitz im Stiftungsrat erhalten, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora im Interview der „Jüdischen Allgemeinen“ (Donnerstag). Im Herbst stehen in Thüringen Landtagswahlen an. Der Verfassungsschutz stuft den Thüringer AfD-Landesverband als gesichert rechtsextremistisch ein.

Noch stärker könnte im Fall der Fälle der Einfluss in finanzieller Hinsicht sein, betonte Wagner: „Der Stiftungshaushalt wird je zur Hälfte von Bund und Land getragen. Wenn eine von der AfD getragene oder tolerierte Regierung der Meinung ist, die Stiftung soll weniger Geld bekommen, dann kann sie das per Landtagsbeschluss durchsetzen.“ Sollte der Landesanteil gesenkt werden, müsse nach derzeitiger Rechtslage auch der Bundesanteil sinken. „Wir haben inklusive Baumittelinvestitionen und Drittmittelprojekten in diesem Jahr einen Haushalt von etwa zwölf Millionen Euro.“

Wagner stellte klar, dass AfD-Politiker in der Gedenkstätte zwar kein Hausverbot hätten. Allerdings dürften sie nicht an Veranstaltungen teilnehmen. „Sollte es eine Regierung geben, die von der AfD getragen ist, oder sogar einen Ministerpräsidenten Höcke, wird sich daran nichts ändern.“ Sollte die AfD eine Besuchergruppe des Bundestages in Buchenwald anmelden, „würden wir eine Betreuung verweigern“.

Auf die Interview-Frage, ob dann nicht rasch die Frage nach dem Neutralitätsgebot komme, sagte Wagner: „Ja, sie kommt. Und dann sage ich: Angriffe auf den gesetzlich definierten Stiftungszweck nehmen wir nicht hin. Solche Angriffe kommen ja von der AfD notorisch.“ Genau an dieser Stelle ende dann auch die Neutralität. „Dann sind wir nicht nur nicht neutral, dann sind wir parteiisch. Parteiisch im Sinne des Stiftungszwecks, im Sinne der Würde der NS-Verfolgten.“

AfD-Personen müssten sich am Ort noch nicht einmal provokant äußern, betonte Wagner – „allein die Anwesenheit eines Vertreters einer Partei, die gegen die Gedenkstättenarbeit ist, gegen die Erinnerungskultur, gegen die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, wäre eine Normalisierung. Das darf und wird es mit uns nicht geben.“