Geborgenheit

Wie sie in unsicheren Zeiten nicht verloren geht

Ein Duft. Ein Musikstück. Eine vertraute Stimme. Oft sind es die kleinen Dinge, durch die sich wie von selbst das wohlig-warme Gefühl von Geborgenheit einstellt. In Zeiten der Bedrängnis sind diese Momente besonders kostbar.

Geborgenheit – ein Wort, das sofort Vorstellungen weckt. Die behagliche Stube der Großeltern, die Parfümnote einer geliebten Person, die Mahlzeit, die nur hier so schmeckt. Geborgenheit ist nicht dasselbe wie Gemütlichkeit, Vertrautheit oder Wonne – und doch ist sie ein bisschen von alldem.

Geborgenheit ist auch ein zentrales Thema im Advent. Wenn die Kerzen angezündet werden. Wenn die Düfte von Tee und Keksen aufsteigen. Wenn Lichterschein und manchmal auch Kaminfeuer der Kälte und Dunkelheit da draußen ein heimeliges Gefühl entgegensetzen: „Hier bin ich gut aufgehoben.“

Vor 18 Jahren wurde das Wort Geborgenheit zum zweitschönsten der deutschen Sprache gewählt; in vielen Sprachen gibt es keine direkte Entsprechung. Ableiten lässt es sich vom Verb „bergen“ – ein Hinweis auf die Bedeutung, sich behütet, beschützt, bewahrt zu fühlen. Eines der bekanntesten modernen Kirchenlieder, „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ von Dietrich Bonhoeffer, deutet diese Empfindung religiös: „Getröstet wunderbar“ erwarten die Singenden „getrost, was kommen mag“. 

Hier schwingt deutlich mit, was „Geborgenheit“ ausmacht: „Getrost, was kommen mag“. Das Herz weiß ja, dass das Leben nicht nur aus Sonnenschein besteht. „Was kommen mag“ – und es kann vieles kommen. Schmerz. Leid. Krieg und die drohende Verzweiflung. In all diesem Wissen, in all der Furcht und Angst, findet der Mensch einen Ruhepol, und sei es auch nur für kurze Zeit.

Oft werden Begriffe wie „Sicherheit“ und „Wärme“ gebraucht, um zu erklären, was Geborgenheit bedeutet. Das mag damit zusammenhängen, dass wir wohl instinktiv die Zeit im Mutterleib als Inbegriff von Geborgenheit betrachten. Auch hier spürt man die Nähe zur Symbolik im Advent und im Warten auf Weihnachten, wenn dann mit dem neugeborenen Kind das Heil in die Welt kommt. Geborgenheit spielt eine wichtige Rolle in der Erziehung: Wenn Kinder sich geborgen und sicher fühlen, trägt das zu einer stabilen Entwicklung der Persönlichkeit bei. Auch eine heiße Tasse Tee, ein entspannendes Bad oder eine innige Umarmung vermitteln Wärme – und werden ebenfalls mit Geborgenheit verbunden. Als entscheidender Faktor für Glück, Zufriedenheit und Geborgenheit wird immer wieder die Verbundenheit mit anderen Menschen genannt – etwas, das in den langen Corona-Monaten häufig fehlte.

Menschen wollen sich aufgehoben fühlen, sowohl in Beziehungen als auch an einem Ort wie ihrem Zuhause oder in der Natur. Das erklären die Psychologin Doris Wolf und die Soziologin Maja Günther auf dem internet-Portal psychotipps.com. Sie empfehlen, gezielt Orte zu besuchen und sich mit Menschen zu umgeben, die dieses Gefühl wachrufen. Ein wichtiger Gedanke, der auch für die Gestaltung von Adventsfeiern und Weihnachtsgottesdiensten Bedeutung haben sollte.

Auch die Erinnerung an glückliche Zeiten kann Geborgenheit schaffen. „Gute alte Sachen“ gäben Auftrieb, sagt die Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper: „Kinderfilme ansehen, mal wieder einen Brief per Hand schreiben, Spiele spielen – gerade die, die nicht viel Aufwand erfordern, wie Kniffel oder Stadt-Land-Fluss.“ In Fotoalben oder auf Dias haben viele Menschen ebenfalls „die guten alten Zeiten“ festgehalten – in ihnen zu blättern, kann Ruhe geben. Im Alltag können kleine, feste Rituale zu einem ruhigeren, gelasseneren Grundgefühl beitragen – sie wirken wie kleine Fixpunkte im Trubel von Arbeit, Besorgungen und einer bedrückenden Weltlage. Dazu können auch Gebete oder Zeiten der Andacht zählen, auch daheim, bei denen man etwa eine Kerze entzündet und an liebe Menschen denkt und für sie ein Gebet spricht.

Jetzt ist Advent. Ein neues Kirchenjahr fängt an. Und damit die Zeit des Wartens auf Weihnachten. Ein guter Anlass, der Dunkelheit, Kälte und Verzagtheit in der Welt etwas Geborgenheit entgegenzusetzen.