Für gelebte Solidarität ausgezeichnet

Eine Einladung zum satt essen – das bietet der „Treffpunkt Suppenküche“ in Bad Doberan jeden Tag an. Die Einrichtung hat jetzt bei einem bundesweiten Wettbewerb gewonnen: eine hohe Geldprämie und eine Einladung ins Kanzleramt.

Karl von Rohr (Deutsche Bank), überreicht den Preis an Barbara Niehaus und Sherry Gröticke (v.l.)
Karl von Rohr (Deutsche Bank), überreicht den Preis an Barbara Niehaus und Sherry Gröticke (v.l.)Thomas Effinger / Startsocial

Berlin. Der „Treffpunkt Suppenküche“ in Bad Doberan, getragen von der dortigen Münstergemeinde, gehört zu den sieben Preisträgern im bundesweiten Wettbewerb „Hilfe für Helfer“, der jährlich vom Verein Startsocial ausgeschrieben wird. Die 25 überzeugendsten Initiativen sind von der Startsocial-Schirmherrin Angela Merkel zur Preisverleihung ins Bundeskanzleramt eingeladen worden. Sieben von ihnen, darunter der „Treffpunkt Suppenküche“ wurden dort mit Geldpreisen von jeweils 5000 Euro für ihr vorbildliches Engagement ausgezeichnet. Hauptförderer sind die Unternehmen Allianz-Versicherung, die Deutsche Bank, der IT-Dienstleister Atos, der Medienkonzern ProSiebenSat.1 und die Unternehmensberatung McKinsey & Company.
Die Bundeskanzlerin dankte den Initiativen der Startsocial-Bundesauswahl stellvertretend für alle ehrenamtlich Engagierten in Deutschland: „Sie legen los und packen an, wenn Not am Mann oder Not an der Frau ist. Das ist die Einstellung eines Miteinanders, wie wir es in unserer Gesellschaft brauchen. Das erst ist der Zusammenhalt einer Gesellschaft“, sagte sie. „Man kann ihn nicht von irgendeiner politischen Bühne aus befehlen, sondern das ist gelebte Solidarität. Politik kann das überhaupt nicht allein leisten.“

40 ehrenamtliche Helfer

Die Ehrung der Doberaner durch die Bundeskanzlerin und den 5000-Euro-Preis nahmen Barbara Niehaus und Sherry Gröticke entgegen. Überreicht wurde der symbolische Scheck an die Doberaner durch Karl von Rohr, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. In seiner Laudatio hob er die bedingungslose Einladung von montags bis freitags zum Kommen, Sich-satt-essen, zur Begegnung und zum Mitmachen hervor. 
Ab acht Uhr werde gemeinsam gekocht, ab elf Uhr stünden zwei Gerichte zur Wahl bereit. Dabei ermöglichen etwa 40 ehrenamtliche Mitarbeiter diese Arbeit, die von drei Hauptamtlichen auf jeweils einer halben Stelle koordiniert wird.
„Die Tische sind gedeckt mit Brot und Kuchen, damit man essen kann, ohne fragen zu müssen. Alle werden bedient. Es gibt Kaffee, Tee, Wasser und alle Speisen ohne Begrenzung“, lobte Laudator von Rohr. Vor allem aber hob er hervor, dass es keine Zugangsvoraussetzungen gibt und auf Spendenbasis gearbeitet werde.

Seltene Begegnungen

„Die Bedingungslosigkeit der Einladungen hat eine große Heterogenität sowohl der Gäste als auch der Mitarbeitenden zur Folge. Dadurch werden Begegnungen möglich, die im Alltag kaum noch oder gar nicht mehr stattfinden. Feste Rollenzuweisungen von denen, die immer geben, und denen, die immer nehmen, werden durchbrochen. Die gemeinsam gemachte Erfahrung bedingungslos gleichberechtigter Teilhabe ist unverzichtbar für gelingendes Leben und das friedliche Zusammenleben aller an einem Ort.“
An dem bundesweiten Wettbewerb, mit dem der Verein Startsocial seit 2001 ehrenamtliche soziale Initiativen fördert, hatten sich 300 Bewerber beteiligt. 100 hatten sich im Herbst 2017 für ein Beratungsstipendium qualifiziert. Mit erfahrenen Fach- und Führungskräften arbeiteten sie vier Monate an der Weiterentwicklung ihrer Organisationen, Projekte und Ideen.
In Bad Doberan habe die Arbeit in der Beratungsphase ihren Schwerpunkt in der Verbesserung der Finanzierung des Projektes gehabt, teilt Startsocial mit. Insbesondere die Finanzierung der drei festen Stellen, die für die Zusammenarbeit aller und damit für das Projekt unverzichtbar sind, sei nun transparenter. Zudem seien erste Schritte gegangen worden, die letztlich zur Unabhängigkeit von der bisherigen Förderung durch Mittel des Europäischen Sozialfonds führen sollen.

Von Führungskräften beraten

Unlösbar damit verbunden sei die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit. Sie sei nun breiter aufgestellt und orientiere sich stärker als zuvor an den jeweiligen Zielgruppen. „In Workshops von Startsocial wurde deutlich, dass Erneuerung und Entwicklung für dieses Projekt bedeutet, sich auf indirekte Wirkungen zu konzentrieren und Impulse weiterzugeben“, so der bundesweite Verein. 
Wie Barbara Niehaus hervorhebt, seien die 5000 Euro eine Würdigung, die der „Treffpunkt Suppenküche“ gut gebrauchen könne. Doch noch wichtiger, weil nachhaltig, sei die Beratung durch erfahrene Führungskräfte gewesen. Und sie ermutigt andere soziale Initiativen, sich bei Startsocial zu bewerben. Gern steht sie selbst auch zum Gespräch bereit.