Russlands Krieg in der Ukraine bleibt eine ernste Herausforderung auch für die europäische Politik. Dabei sollten die Verantwortlichen nicht nur auf Aufrüstung setzen, mahnt Experte Marc von Boemcken.
Angesichts zunehmender Konflikte in der Welt ruft Friedensforscher Marc von Boemcken dazu auf, nicht allein auf militärische Lösungen zu setzen. Das gelte auch für Europa, betonte der Experte vom Internationalen Zentrum für Konfliktforschung Bonn BICC in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Montag. Das BICC ist eines von vier Instituten, die am gleichen Tag in Berlin ihr jährlich erscheinendes Friedensgutachten vorstellten.
“Ein Wettrüsten gegen Russland wird uns nicht sicherer, sondern eher unsicherer machen, das klassische Sicherheitsdilemma”, gab von Boemcken mit Blick auf Russlands Krieg in der Ukraine zu bedenken. “Es gilt bereits jetzt darüber nachzudenken, wie eine neue europäische Friedensordnung aussehen könnte – auch wenn diese noch weit in der Zukunft liegt.” Dazu gehöre, mit Russland im Gespräch zu bleiben und etwa Möglichkeiten der Rüstungskontrolle auszuloten.
Prognosen, wonach Russland spätestens 2029 zumindest theoretisch in der Lage sei, einen Angriff auf ein anderes europäisches Land auszuführen, sieht der Experte kritisch. Er kenne keine seriöse Studie, die auf der Grundlage einer nüchternen und sachlichen Analyse der Fähigkeiten beider Seiten einen möglichen russischen Angriff in vier Jahren prognostiziere.
Natürlich müsse Europa die von Russland ausgehende militärische Bedrohung ernst nehmen, so von Boemcken weiter. Dafür brauche Europa die Fähigkeiten, um einen solchen Angriff wirksam abschrecken und zur Not auch abwehren zu können. “Wir dürfen aber auch nicht in einen Panikmodus verfallen, der unsere Sicht auf die Dinge verengt, allein militärische Handlungsoptionen in den Blick nimmt, nach grenzenloser Aufrüstung ruft und damit womöglich einer gefährlichen Eskalationsdynamik Vorschub leistet.”