Frankenstein und Co: Ausstellung über Buchillustrationen in Bremen

Eine Ausstellung im Bremer Wilhelm Wagenfeld Haus widmet sich der Buchillustration, denn aufwändig gestaltete Bücher erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Franziska Walthers Illustration „Werther reloaded“ zum Buch „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe.
Franziska Walthers Illustration „Werther reloaded“ zum Buch „Die Leiden des jungen Werther“ von Goethe.Franziska Walther

Frankenstein – wer diesen Namen hört, denkt schnell an das Monster aus dem Filmklassiker oder an das Buch von Mary Shelley, in dem der Student Viktor Frankenstein eine Kreatur aus toter Materie erschafft. Als „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ 1818 erstmals veröffentlicht wurde, machten sich die Leser aus den Beschreibungen im Roman ihre eigene Vorstellung von dem unheimlichen Wesen, denn diese Veröffentlichung enthielt keine Bilder. Nach und nach erschienen immer mehr Ausgaben mit Illustrationen, die zunehmend das Bild und Verständnis des Inhalts prägten. Darum geht es in der Ausstellung „Wort. Bild. Buch – Was Illustration kann“, die bis zum 20. Oktober im Wilhelm Wagenfeld Haus in Bremen läuft.

Frankenstein im Wandel der Zeiten

In Vitrinen sind zehn Frankenstein-Bände aus der Zeit zwischen 1934 und 2024 so aufgeschlagen, dass man neben dem Text eine dazugehörige Zeichnung sehen kann. Auch in neueren Auflagen sind sie meist Schwarz-Weiß. Mal wird das Monster als besonders erotisch dargestellt, mal scheint es aus Fetzen zusammengesetzt zu sein.

Für die neueste Ausgabe hat der Illustrator Martin Stark kontrastreiche Holzschnitte geschaffen, die eine dramatische und düstere Atmosphäre vermitteln. Dieser Eindruck kann durch Größenverhältnisse noch einmal gesteigert werden. Das zeigt eine Illustration aus dem Buch, die in mehrfacher Vergrößerung über eine ganze Ausstellungswand zu sehen ist – Besuchende blicken in zwei große Augen einer rätselhaften Gestalt.

Neben „Frankenstein“ werden in der Ausstellung weitere Literaturstoffe inklusive ihrer Illustrationen präsentiert, darunter „Effi Briest“ von Theodor Fontane, „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll, „Solaris“ von Stanislaw Lem und „Woyzeck“ von Georg Büchner. Wie stark die Erinnerung an den Inhalt durch die Illustration geprägt wird, zeigt sich bei Jules Vernes „20 000 Meilen unter dem Meer“. Die erste Ausgabe von 1869 erschien mit 120 Holzschnitt-Illustrationen, auf denen exotische Pflanzen und Fische und futuristische Unterwasser-Fahrzeuge zu sehen sind. Sie werden bis heute abgedruckt.

In dem Band „Werther reloaded“ von Franziska Walter schimmert die pädagogische Absicht durch, „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang von Goethe einem jungen Publikum schmackhaft zu machen. Zunächst beschränkt sich die Ausgabe auf bunte Zeichnungen, auf denen Werther als Art Director in New York arbeitet und ein trostloses Leben führt. Nach und nach wird diese aktualisierte Geschichte in kurzen Sätzen neben den Illustrationen erzählt und schließlich wird der Originaltext ohne Zeichnungen in einer besonderen Form präsentiert – in blauer Schrift auf rosa Papier.

Bebilderte Aspekte gewinnen an Bedeutung

In der 2023 erschienenen Ausgabe von „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff aus dem Jahre 1827 bebildert Christian Sobeck das Schwarzwald-Märchen mystisch und unheimlich. Jede Buchseite ist mit einer ausklappbaren Illustration versehen, so dass Text und Bild immer direkt nebeneinander stehen. Die Bildmotive in diesem wie auch in den meisten anderen ausgestellten Büchern sind mehr als die Wiederholung des Inhalts mit visuellen Mitteln – es werden gezielt einzelne Aspekte bildlich interpretiert, die dadurch eine besondere Bedeutung erhalten.

Mehrere der Bände, die man hier auch in die Hand nehmen kann, wurden von der Büchergilde herausgegeben: eine Buchgemeinschaft, die in diesem Jahr 100 Jahre alt wird. Sie legt viel Wert auf eine aufwändige Illustration und vergibt alle zwei Jahre den Büchergilde Gestalterpreis. In Göttingen führt der Buchladen Rote Straße die Büchergilde-Titel. Buchhändlerin Ute Reski beobachtet eine wachsende Nachfrage nach solchen Ausgaben: „Gerade junge Leute kommen vermehrt zu uns und sind von den aufwändig gestalteten Titeln der Büchergilde beeindruckt.“