“Fotogen und extrem cool”

Seine Stücke schrieb er oft auf den letzten Drücker auf dem Rücksitz eines Autos oder direkt bei den Proben. „Ich brauche keine Zeit“, sagte Duke Ellington (1899-1974) oft. Was er brauche, sei eine Deadline. Rund 2.000 Stücke hat der Jazzmusiker komponiert, mit seiner Band war er auf mehr als hundert Tourneen weltweit unterwegs. Auch als die große Zeit der Big Bands vorbei war, blieb Ellington im Geschäft, schrieb an der Klassik orientierte längere Werke und Filmmusiken. Am 29. April 1899, vor 125 Jahren, wurde er in Washington geboren.

„Der Einfluss von Duke Ellington auf den Jazz ist nicht zu überschätzen“, sagte der Musik-Experte Henrik von Holtum dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er sei über seine ganze Karriere hinweg „die Instanz“ geblieben. Oft habe er simple Melodien verwendet, die durch eine Harmonik angereichert worden seien, die es sonst nirgends gegeben habe, erklärte Holtum, der einen Lehrauftrag am Bochumer Pop-Institut der Folkwang Universität hat. Zugleich sei Ellington eine Ikone – „fotogen und extrem cool“.

Die US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower und Richard Nixon holten Duke Ellingtons Big Band ins Weiße Haus. Von Nixon erhielt er für sein Lebenswerk im Jahr 1969 die „Presidential Medal auf Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Nach einer Begegnung mit Queen Elizabeth II. widmete der Musiker ihr die Komposition „The Queen’s Suite“.

Fast ein halbes Jahrhundert lang leitete Ellington sein Orchester, meistens vom Piano aus. Als Bandleader entwickelte er einen einzigartigen Stil bei Big-Band-Orchestrierungen. Zu seinen berühmtesten Stücken gehören „Satin Doll“, „Mood Indigo“ und „Caravan“.

Der Jazz-Pianist und Komponist Herbie Hancock sieht in Ellingtons Musik „Arrangements voller Passion“. Die Musik Ellingtons sei reicher als alles, was er gehört habe, sagt Hancock in der Dokumentation „A Duke named Ellington“ von Terry Carter (1988). Stevie Wonder widmete dem Bandleader den Song „Sir Duke“.

Seinen Spitznamen „Duke“ (Herzog) soll der Klavier spielende Edward Kennedy Ellington von seinen Schulkameraden wegen seiner vornehmen Ausstrahlung erhalten haben. Sein Vater war ein Oberkellner, der auch im Weißen Haus einmal als Butler gearbeitet haben soll. Mit 17 Jahren verdiente sich Ellington Geld als Ragtime-Pianist. In Schwung kam seine Karriere, als er mit 24 nach New York zog. Sein „Duke Ellington Orchestra“ erhielt ein Engagement als Hausband im „Cotton-Club“, dem damals renommiertesten Nachtclub New Yorks.

Die Band prägte den „Jungle Style“, bei dem die rauen Töne der Bläser an klagende Stimmen in einem nächtlichen Urwald erinnerten. Ellington erwies sich auch zeitlebens als ein gewiefter Geschäftsmann, der schon früh seine Popularität durch Radioübertragungen und Schallplattenaufnahmen steigerte.

Als einer der bekanntesten afroamerikanischen Künstler war er Inspiration für viele schwarze Musiker. Für ihn selbst habe die Hautfarbe keine Rolle gespielt, berichten Bandkollegen in der Dokumentation. Für ihn seien Menschen einfach Menschen gewesen, unabhängig von der Hautfarbe.

Stellung nahm Ellington eher mit seiner Musik: „Harlem Suite“, die Ode an das New Yorker Schwarzenviertel, stehe für die Leiden der Unterprivilegierten sowie für das Entstehen eines neuen Selbstbewusstseins, schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zum 120. Geburtstag Ellingtons. Ein musikalisches Statement ist auch die Orchestersuite „Black, Brown and Beige“.

Mit seinem gefeierten Auftritt beim „Newport Jazz Festival“ gelang es ihm 1956, neue Hörerschaften zu gewinnen. Später verlegte er sich auch auf sinfonische Werke, die an die Klassik angelehnt waren. Und er schuf Filmmusiken für „Anatomie eines Mordes“ (1959) mit James Stewart oder „Paris Blues“ (1961) mit Paul Newman und Sidney Poitier.

Mit seiner Jugendliebe Edna Thompson blieb er auch nach der Trennung verheiratet. Der gemeinsame Sohn Mercer Kennedy Ellington wurde Musiker und spielte auch in der Band seines Vaters. Duke Elllington starb am 24. Mai 1974 an einer Lungenentzündung in New York.

Seine Musik bleibt bis heute aktuell, ist Musikexperte Holtum überzeugt: „Wenn man auf einer Suche nach einer originellen Idee ist, dann kann man sich immer wieder bei Duke Ellington gut bedienen.“ Auch für die Hiphop-Musik böten seine Motive viel Material. Ellington habe sich nie danach gerichtet, wie Jazz-Musik aus Sicht der Kritiker zu sein habe: „Er hat einfach eine große Freiheit gelebt.“