Flüchtlingskriminalität: Ursachen und Hintergründe

BERLIN – Die Zahl polizeilich registrierter Straftaten ging jahrelang zurück, dann gab es wieder einen Anstieg. Die Kriminalitätsforscher Christian Pfeiffer und Sören Kliem vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen sowie Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften haben am Beispiel Niedersachsen Statistiken des Landesinnenministeriums analysiert.

In den Jahren 2014 und 2015 stieg die Zahl der Gewalttaten dort um gut zehn Prozent an. Verantwortlich sind dafür der Studie zufolge vor allem von Flüchtlingen begangene Delikte: Gut 13 Prozent der aufgeklärten Gewalttaten sind ihnen zuzurechnen. Der Anstieg der Kriminalität ist damit zu 92 Prozent auf Asylbewerber zurückzuführen (siehe Artikel oben). Die Autoren haben dafür Erklärungen:

Aufenthaltsperspektive:  Die Studie zeigt, dass vor allem Flüchtlinge aus Algerien, Tunesien und Marokko besonders häufig Straftaten begehen. Sie haben selten Chancen auf einen Aufenthalt in Deutschland. Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und dem Irak sind dagegen im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Bevölkerung in der Kriminalitätsstatistik unterrepräsentiert. Sie würden bemüht sein, ihre gute Chance für ein Bleiben in Deutschland nicht durch Straftaten zu gefährden, heißt es in der Studie.

Altersstruktur und „Machokultur“: Weltweit ist die Gruppe der 14- bis 30-jährigen Männer bei Gewalt- und Sexualdelikten überrepräsentiert, heißt es in der Studie – und viele Flüchtlinge sind junge Männer. Knapp 27 Prozent der 2016 in Niedersachsen registrierten Flüchtlinge gehörten zu dieser Gruppe, heißt es in der Studie mit Verweis auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Fast zwei Drittel der aufgeklärten Gewalttaten von Flüchtlingen gingen auf ihr Konto. Befragungen hätten zudem ergeben, dass junge Männer aus muslimischen Ländern „gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen“ mehr verinnerlicht hätten als in Deutschland geborene Männer.

„Verzerrungsfaktor“: Die Anzeigebereitschaft ist den Forschern zufolge etwa doppelt so hoch, wenn Opfer und Täter sich vorher nicht kannten oder unterschiedlichen ethnischen Gruppen angehören. Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass Gewaltdelikte von Flüchtlingen entsprechend häufiger angezeigt werden. epd