Expertin pocht auf „wirksame Firewall“ gegen Tabakindustrie

Über 100.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an den Folgen des Rauchens. Dennoch fangen wieder mehr junge Leute damit an. Das sorgt auch für Kritik an der Haltung der Politik.

Je stärker präsent das Rauchen in der Umwelt ist, desto höher ist das Risiko, dass ein junger Mensch selbst zur Zigarette greif
Je stärker präsent das Rauchen in der Umwelt ist, desto höher ist das Risiko, dass ein junger Mensch selbst zur Zigarette greifImago / Zoonar

Vor allem junge Menschen schätzen das Abhängigkeitsrisiko beim Rauchen falsch ein: Das beobachtet Expertin Katrin Schaller. „Jugendliche empfinden sich als unverwundbar“, sagte die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Aus der Sicht junger Menschen sei ein 50-Jähriger, der an Krebs erkranke, ein alter Mensch: „Das ist wahnsinnig weit weg.“ Zu glauben, man könne mit dem Rauchen einfach aufhören, sei jedoch eine Fehleinschätzung.

Die meisten Menschen fingen in jungem Alter mit dem Rauchen an. Wenn Freundinnen und Freunde oder die eigenen Eltern rauchten, erhöhe dies die Wahrscheinlichkeit dafür, erklärte Schaller, die auch das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle leitet. „Je stärker präsent das Rauchen in der Umwelt ist, desto höher ist das Risiko, dass ein junger Mensch selbst zur Zigarette greift.“ Auch über die Sozialen Medien ließen junge Menschen sich dahingehend beeinflussen.

Politik soll sich klar zur Tabakprävention bekennen

Sie forderte daher ein klares Bekenntnis zur Tabakprävention und eine verpflichtende Strategie. Die Bundesregierung zeige jedoch „keine Bereitschaft, eine wirksame Firewall gegen den Einfluss der Tabakindustrie zu erreichen und damit die Bevölkerung vor den gesundheitsschädlichen Produkten und Praktiken der Tabakindustrie zu schützen“.

Wichtig sei etwa ein umfassendes Werbeverbot, das auch den Verkaufsort einschließe. Dort ist Zigaretten-Werbung hierzulande weiterhin erlaubt. „Bei den Geschäften handelt es sich auch um Schreibwarenläden, da gehen auch Kinder hin“, kritisierte die Expertin. In anderen Ländern dürften Tabakprodukte zudem nicht direkt sichtbar ausliegen oder hätten Einheitsverpackungen. „Auch die Schachtel ist eine Werbefläche. Da wird ein Gefühl für die Marke geschaffen, eine Bindung entsteht. Wenn alle Packungen gleich aussehen, ist das Produkt weniger attraktiv.“