Expertin: Falschinfos oft “Einstiegsdroge” für Radikalisierung

Gewaltvideos und Falschinformationen: Seit dem Hamas-Angriff ist das Internet voll mit ungefilterten Inhalten zum 7. Oktober. Wie man damit umgehen kann, erklärte jetzt eine Fachfrau der Bildungsstätte Anne Frank.

Falschinformationen im Internet dienen einer Expertin zufolge oft als “Einstiegsdroge” für weitere Radikalisierungen. “Radikale nutzen das Netz ungehemmt und mit weiter Reichweite”, so Nathalie Friedlender, Leiterin der Politischen Bildung an der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, am Freitag in Bonn. Sie sprach auf einer Studientagung zum Thema Antisemitismus im Netz, die noch bis Samstag andauert. Veranstalter ist der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) mit Sitz im hessischen Bad Nauheim.

Seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei viel israelbezogener Antisemitismus im Internet zu beobachten. Besonders auffällig dabei sei die Plattform TikTok, betonte Friedlender. Dort seien Bilder und Videos zu sehen, die voller Gewalt und oft ohne Kontext abrufbar seien. Manche seien auch manipuliert. All das treffe auf mangelndes Wissen zu Antisemitismus und den Nahostkonflikt. Hinzu komme, dass ausgewogene Haltungen zu wenig Aufmerksamkeit bekämen. Einflussreiche Personen, sogenannte Creatorinnen und Creator, gäben sich als Fachleute aus, obwohl sie es nicht zwingend seien.

Vor allem junge Menschen nutzen TikTok: Friedlender zufolge liegt der Anteil der 16- bis 24-Jährigen bei 69 Prozent. Um Jugendliche für Inhalte zu sensibilisieren, wäre es sinnvoll, TikTok auf Lehrpläne zu setzen, so Friedlender. Außerdem müsse ernst genommen werden, dass die Plattform jungen Menschen für die politische Meinungsbildung diene. Friedlender empfahl zudem, jüdische Creator und Creatorinnen zu unterstützen.