Experte kritisiert EU-Haltung zu Serbien

Ein führender Politologe in Serbien hat der Europäischen Union (EU) einen zu weichen Kurs gegenüber der Regierung von Präsident Aleksandar Vucic attestiert. Die Gemeinschaft opfere dringend nötige Reformen für augenscheinliche Stabilität in der Balkan-Region, sagte Nikola Burazer in Belgrad am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Serbien wählt am 17. Dezember ein neues Parlament und Lokalregierungen.

Laut Burazer war es Politikern in Westbalkan-Staaten stets wichtig, „Legitimation von außen zu bekommen“. Entsprechend habe Vucic sich als Partner des Westens positioniert. Mit Blick auf den Kosovo-Streit und Separatisten in Bosnien-Herzegowina gelte Vucic in den Augen einiger EU-Politiker daher als Stabilitätsgarant für die Region. Anders im eigenen Land: Dort sei in den vergangenen Monaten der Ärger über Vucic und die von ihm kontrollierten Institutionen gewachsenen.

In Westeuropa sei man sich zwar über den antidemokratischen Kurs bewusst, den Vucic fahre, betont Burazer. „Doch er war immer kooperativ genug für die EU, um ein Auge zuzudrücken.“ Allerdings warnt der Politikexperte, dass diese Strategie scheitern könne. „Autoritäre oder semiautoritäre Regime können unabhängig ihrer Versprechen kaum Langzeitstabilität garantieren.“

In Serbien kam es in den letzten Monaten wiederholt zu Massenprotesten, bei denen Tausende unter dem Motto „Serbien gegen Gewalt“ auf die Straßen gingen. Auslöser waren zwei Amokläufe binnen zwei Tagen im Mai; 18 Menschen, größtenteils Schüler, wurden dabei getötet. Eine zentrale Rolle wird den von Vucic kontrollierten Fernsehsendern nachgesagt, die häufig Gewalt und Hassbotschaften ausstrahlen. Der Präsident hatte infolge der Proteste Neuwahlen ausgerufen.