Experte: EU mitverantwortlich für Unsicherheit auf dem Balkan

Der Balkan gilt seit jeher als „Pulverfass“ der Weltpolitik. Jetzt könnte er seinem Ruf erneut gerecht werden, warnt ein Experte – unter den Augen der EU.

Der Politikexperte Adnan Cerimagic hat der EU eine Mitschuld an wachsendem Nationalismus auf dem Balkan gegeben. „Sie hat es über viele Jahre versäumt, eine glaubwürdige EU-Beitrittsperspektive zu bieten“, sagte der Analyst der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI) mit Sitz in Berlin am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er warnt vor weiterer Instabilität in Europas Südosten.

Nach den Jugoslawienkriegen der 90er habe der Großteil der Bewohner positiv in die Zukunft geblickt, so Cerimagic. Neben multiethnischen Gesellschaften hätten sie Demokratie und unsichtbare Grenzen durch EU-Integration erwartet. „Doch in der Zwischenzeit wurde diese Mehrheit durch jahrzehntelange Versprechungen einer EU-Perspektive und einer glänzenden Zukunft, die nie eintritt, erschüttert und untergraben“, so der Politologe.

Diese Ernüchterung wiederum stärke jene Politiker, die die kriegerischen Ideen der 80er Jahre „nie aufgegeben“ hätten. Beispiele seien Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und der Serben-Führer in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik. Sie und ihre Verbündeten bejubelten offen die mögliche Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus und dessen Schwächung der EU und der NATO.

Cerimagic schätzt: „Die Rückkehr der Gewalt im Nordkosovo, die wir letztes Jahr erlebt haben, ist nur ein Vorspiel dessen, was sie planen und hoffen. Russland und ähnliche Akteure nutzen dies für ihre eigene Agenda.“

Vergangenes Jahr kam es im serbisch bewohnten Norden Kosovos wiederholt zu Spannungen. Im Mai verletzten Demonstranten mehrere NATO-Soldaten mit Brandsätzen; fünf Monate später lieferten sich serbische Paramilitärs ein tödliches Gefecht mit Kosovos Polizei.