Experte: Bessere Ausbildung für Suizidprävention nötig

Menschen mit Suizidgedanken brauchen eine Ansprache auf Augenhöhe, sagt der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms. Das betreffe Ärzte und Sozialarbeiter genauso wie Psychotherapeuten.

Schwer Kranke brauchen eine intensive Betreuung
Schwer Kranke brauchen eine intensive BetreuungImago / Rupert Oberhäuser

Nach der Bundestagsentscheidung zum assistierten Suizid hat der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms Reinhard Lindner eine bessere Aus- und Fortbildung für Berater verlangt. Ärzte, Psychotherapeuten und Sozialarbeiter oder Beschäftigte in der Altenhilfe sollten mehr Kenntnisse über die Suizidprävention erhalten, um den Betroffenen angemessen begegnen zu können, sagte Lindner der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Kassel. Menschen mit Suizidgedanken bräuchten eine „sensible, Verstehen suchende Ansprache auf Augenhöhe“.

Der Bundestag hatte die Bundesregierung aufgefordert, im kommenden Jahr einen Regelungsentwurf und eine Strategie für die Suizidprävention vorzulegen. Die Regelung solle unter Einbeziehung etwa der Telefonseelsorge oder sozialpsychiatrischer Dienste einen bundesweiten Suizidpräventionsdienst etablieren. Zuvor hatte das Parlament zwei Gesetzentwürfe für eine Regelung der Suizidbeihilfe abgelehnt.

Sterbehilfe: Mehr Druck auf Kranke befürchtet

Der frühere Weltärztebund-Chef Ulrich Montgomery äußerte sich erleichtert, dass keiner der Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Beihilfe zur Selbsttötung eine Mehrheit im Bundestag erhalten hat. Sie hätten „letztendlich zu einer Profanierung der Sterbehilfe beigetragen“. Die Aufhebung des Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid durch das Bundesverfassungsgericht habe bislang nicht zu einem Dammbruch geführt, sagte er dem Deutschlandfunk.

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther befürchtete hingegen nach dem Scheitern der beiden Entwürfe mehr Druck auf kranke und alte Menschen. Niemand dürfe sich zum assistierten Suizid gedrängt fühlen, weil er oder sie der Gesellschaft nicht zur Last fallen wolle, sagte sie der Rheinischen Post und dem Bonner General-Anzeiger. Immerhin sei es „ermutigend und ein wichtiger Schritt, dass der Antrag zur Suizidprävention eine überwältigende Mehrheit erhalten hat“.

Kappert-Gonther hatte den Antrag einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Lars Castellucci und den CDU-Abgeordneten Ansgar Heveling unterstützt, mit dem geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe gestellt werden und die Entscheidung zum Suizid einer freiverantwortlichen Entscheidung unterliegen sollte.

Wie es weitergehen soll

„Wir werden als Gruppe jetzt sorgfältig beraten, wie es weitergeht. Das waren drei Jahre intensive Arbeit, und nun haben wir kein Gesetz“, ergänzte die Politikerin, die auch stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses ist. Der von ihr eingebrachte Antrag für eine breit angelegte Suizidprävention in Deutschland fand eine deutliche Mehrheit im Bundestag.