Evangelische Kirche wünscht sich solidarisches Europa

Mit einem Bekenntnis zu einem weiteren Zusammenwachsen Europas ist die Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland fortgesetzt worden. Doch die Protestanten vermissen „eine gemeinsame Vorstellung, was wir unter Europa verstehen“.

Die EKD-Synode tagt in Magdeburg
Die EKD-Synode tagt in MagdeburgNorbert Neetz / epd

Magdeburg. Die evangelische Kirche wünscht sich ein solidarisches Europa. Europa müsse gelingen, "es gibt keine Alternative dazu", sagte der Militärhistoriker Matthias Rogg, der der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört, am Montag bei der Tagung des Kirchenparlaments in Magdeburg. Der Direktor des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden war maßgeblich an den Vorbereitungen zu einer Synoden-Erkärung mit dem Titel "Europa in Solidarität" beteiligt. Wie aus einer bei der Tagung vorgestellten Umfrage hervorgeht, hat die Europäische Union (EU) bei den Menschen in Deutschland aktuell ein schlechtes Image.
"Das Problem Europas ist, dass nicht alle mitgenommen werden. Es bleiben zu viele auf der Strecke", sagte der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Gerhard Wegner. Für die repräsentative Studie hatte sein Institut in Zusammenarbeit mit den Meinungsforschern von TNS Emnid im September 2.013 Frauen und Männer ab 14 Jahren befragt. Demnach halten es 87 Prozent für wünschenswert, wenn sich die Staatengemeinschaft stärker dem Kampf gegen Armut und soziale Ungleichheit zuwendet.

Entscheidend: handlungsfähige Institutionen

Befragt nach den Profiteuren der Europäischen Union, nannten 86 Prozent die Unternehmen, 81 Prozent die Finanzwirtschaft und 72 Prozent Besserverdienende. Nur 29 Prozent glauben, dass Arbeitslose von der Europäischen Union Vorteile haben. 28 Prozent nannten Rentner und 21 Prozent Geringverdiener als Profiteure.
"Europa muss es gelingen, solidarischer zu werden", schlussfolgerte der Sozialforscher Wegner. Rogg sagte, Europa fehle ein Kern, "eine gemeinsame Vorstellung, was wir unter Europa verstehen". Die Pastorin Anne Gidion, die zusammen mit Rogg den Vorbereitungsausschuss zum Schwerpunktthema der Synodentagung geleitet hatte, ergänzte, das Entscheidende seien handlungsfähige Institutionen, die für die Menschen verständlich und nicht bürokratisch sind.
Während Institutionen in Deutschland bei den meisten Menschen eher Vertrauen genießen, gilt dies laut der Studie für europäische Institutionen nur für 39 Prozent der Befragten. 53 Prozent sagten, sie hätten eher kein Vertrauen. Dem entgegen vertrauen rund 78 Prozent dem Bundesverfassungsgericht, 56 Prozent dem Bundestag und 52 Prozent der Bundesregierung. Auch die evangelische Kirche kommt auf einen Wert von 52 Prozent.

"… dann müssen die Christen aufstehen"

Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), sagte bei einer Diskussionsrunde in der Synode, Europa finde derzeit keine gemeinsame Haltung dazu, "was die christliche Tradition uns auferlegt". Wenn zum Beispiel Politiker sagten, sie wollten Flüchtlinge nicht aufnehmen, weil sie keine Christen sind, "dann müssen die Christen aufstehen", sagte Roth, der der EKD-Kammer für öffentliche Verantwortung angehört.
Im Entwurf zur geplanten Synodenerklärung "Europa in Solidarität", die zum Ende der Tagung am Mittwoch verabschiedet werden soll, heißt es, die Aufnahme von Flüchtlingen und das Gastrecht für Fremde gehörten "zum Kernbestand des christlichen Glaubens", auf dem auch die Werte der Europäischen Union wie Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit beruhten. Dabei müsse die Behandlung von Flüchtlingen "auch als Gerechtigkeitsfrage" verstanden werden.
Zu den konkreten Forderungen gehört, die Verantwortung "nicht dauerhaft an Drittländer wie die Türkei" zu delegieren, sichere und legale Fluchtwege zu schaffen und Familiennachzug zu gewähren. Anknüpfend an die biblische Geschichte vom Barmherzigen Samariter fordert die evangelische Kirche dem Entwurf zufolge Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe als Grundlage für Europa. (epd)