„Es liegt in Gottes Hand“

Seit einem Jahr lebt ein Eritreer im Kirchenasyl in einer Hamburger Gemeinde. Die drohende Abschiebung nach Italien halten er und die Pfarrei für unzumutbar – und hoffen auf seine Anerkennung in Deutschland.

Fas 300 Fälle von Kirchenasyl sind in diesem Jahr abgelehnt worden
Fas 300 Fälle von Kirchenasyl sind in diesem Jahr abgelehnt wordenAxel Heimken / dpa

Hamburg. Zekarias (Name von der Redaktion geändert) sitzt am Tisch seiner Ein-Zimmer-Wohnung in einem Hamburger Pfarrhaus. In der einen Ecke ist eine kleine Küchenzeile, in der anderen steht ein Schlafsofa. „Freizeitparadies Deutschland“ heißt eines der Bücher im Regal an der Wand. Doch von einem Paradies spürt der 24-jährige Eritreer im Moment nicht viel. Das karge Zimmer ist schon seit einem Jahr sein Zuhause. Weil sein Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde und ihm die Ausweisung nach Italien droht, gewährt ihm eine katholische Gemeinde Kirchenasyl. 
Damit ist Zekarias einer der sogenannten Dublin-Fälle, in denen die Menschen nicht in ihren Heimatstaat, sondern in das EU-Land abgeschoben werden sollen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Der kirchliche Schutz sorgt für Kritik: Die Überstellung in ein anderes EU-Land sei kein Grund für die Gewährung von Kirchenasyl, monierte etwa der schleswig-holsteinische Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU).

Viele Anfragen werden abgelehnt

Bundesweit geht die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ von 422 aktiven Kirchenasylen mit mindestens 627 Personen aus, 327 der Asyle sind Dublin-Fälle. Auch unter den aktuell 27 Kirchenasylen im Erzbistum Hamburg sind nach Angaben von Pastor Norbert Bezikofer viele Dublin-Fälle. Ein Umstand, den der Flüchtlingsseelsorger verteidigt. Jeder Fall werde sorgfältig geprüft und den Behörden gemeldet – so sieht es eine Absprache zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor. Durchschnittlich neun von zehn Anfragen im Erzbistum würden abgelehnt, etwa wenn keine Gefahr für Leib und Leben bestehe oder es auf lange Sicht keine Bleibeperspektive in Deutschland gebe.
Von der Nordkirche werden derzeit 32 Kirchenasyle in Hamburg gewährt. Die Flüchtlingsbeauftragte Dietlind Jochims sagt: „Grundsätzlich wird von den meisten politisch Verantwortlichen das Kirchenasyl als Gewissensentscheidung einer Kirchengemeinde akzeptiert, oft auch gewürdigt.“ Doch der steigende Abschiebedruck sorge auch für kritische Blicke auf das Kirchenasyl – besonders in den Dublin-Fällen.
Wie viele seiner Landsleute floh Zekarias im März 2015 vor dem harten Militärdienst in seinem Heimatland Eritrea, wo er bereits drei Monate im Gefängnis verbracht hatte. Nach einem mühsamen Weg über Äthiopien, den Sudan und Libyen gelangte er über das Mittelmeer nach Italien. Dass er dort nicht bleiben wollte, stand für den jungen Mann von Beginn an fest. Von Freunden hatte er gehört, dass viele Flüchtlinge dort auf der Straße leben und hungern.  

Frist läuft ab

Zekarias floh zunächst in die Schweiz. Teils zu Fuß und teils mit dem Zug gelangte er nach Norddeutschland, wo er im Oktober 2015 seinen Asylantrag stellte. In verschiedenen Notunterkünften wartete er, bis die Behörde im Oktober 2016 mitteilte: Er müsse zurück nach Italien, wo er erstmals europäischen Boden betreten habe. Für Zekarias eine Horrorvorstellung. Als Katholik machte er sich auf die Suche nach einer Gemeinde, die ihm Unterschlupf gewährt – und wurde fündig. Im März 2017 zog er bei der Hamburger Pfarrei ein. 
Dort ist sein Leben eher eintönig. Das Kirchengrundstück darf er nicht verlassen – und wenn, dann nur auf eigene Gefahr. Seine Hoffnungen richten sich auf den April. Dann läuft die 18-monatige Frist ab, innerhalb der er nach Italien hätte überstellt werden müssen. Danach ist Deutschland für sein Asyl zuständig. Er selbst ist optimistisch: „Es liegt alles in Gottes Hand. Ich bin guter Dinge, dass das positiv ausgeht“, sagt er. (KNA)