Ermittlungen gegen „FragDenStaat“: Organisationen unterstützen Portal

Journalistengewerkschaften und weitere Organisationen fordern, dass der Wortlaut von Dokumenten eines laufenden Strafverfahrens künftig schon vor der Hauptverhandlung veröffentlicht werden darf. In einer gemeinsamen Stellungnahme dringen sie auf eine Abschaffung des Paragrafen 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuchs. „Die Norm kriminalisiert wahrheitsgemäße Berichterstattung“, sagte die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, Tina Groll, am Donnerstag in Berlin.

Laut dem Paragrafen ist jede Veröffentlichung des Wortlauts von Dokumenten eines laufenden Strafverfahrens vor der Hauptverhandlung verboten. Hintergrund der Stellungnahme sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Chefredakteur des Internetportals „FragDenStaat“, Arne Semsrott.

Semsrott hatte im August vergangenen Jahres über Ermittlungen gegen die „Letzte Generation“ und einen Journalisten vom Freiburger Radio Dreyeckland berichtet und dabei vier relevante Gerichtsbeschlüsse veröffentlicht. Bereits im Dezember teilte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die am aktuelle Papier beteiligt ist, mit, dass andere Medien teils mit Verweis auf das Verbot davon abgesehen hätten, die Beschlüsse zu veröffentlichen.

„Unter Androhung von Freiheitsstrafe werden wörtliche Veröffentlichungen aus Prozessen verboten, während sinngemäße Wiedergaben erlaubt sind“, sagte Groll. Einer informierten und sachlichen Debatte sei diese Regelung nicht dienlich. Stattdessen mache sie „Teile von Akten aus öffentlich verhandelten Gerichtsprozessen zu vermeintlichen Geheimdokumenten“.

Laut gemeinsamer Stellungnahme greift der Paragraf in die Pressefreiheit ein. Zudem seien die Anwendungsbereiche unklar. Die Definition „amtlicher Dokumente“ sei etwa ebenso umstritten wie die Fragen, wann „ein Verfahren abgeschlossen ist oder eine Veröffentlichung in ‚wesentlichen Teilen‘ erfolgt“. Journalistinnen und Journalisten brauchten Rechtssicherheit, um die Öffentlichkeit zuverlässig zu informieren, argumentierte die dju-Vorsitzende Groll weiter.

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Mika Beuster, erklärte: „Der Gesetzgeber sollte jetzt die Konsequenzen ziehen und ein wirklichkeitsfremdes und überflüssiges Verbot abschaffen.“

Wie „FragDenStaat“ auf Anfrage mitteilte, wurde die gemeinsame Stellungnahme am Donnerstagmorgen an das Bundesministerium der Justiz geschickt. Neben dem DJV, der dju und der GFF unterstützen das Netzwerk Recherche, die Open Knowledge Foundation Deutschland, „Reporter ohne Grenzen“ und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein die Stellungnahme. „FragDenStaat“ ist eigenen Angaben zufolge ein gemeinnütziges Projekt der Open Knowledge Foundation Deutschland.