Ein Piks mit Fußball-Atmosphäre

Eigentlich sollte es vor Heiligabend im Fußballstadion von Hannover 96 ein Weihnachtssingen geben. Doch wegen der hohen Corona-Zahlen haben Verein und Kirchen das Event in eine große Impfaktion verwandelt.

Auch Niels (10) lässt sich mit Blick auf den Stadionrasen impfen
Auch Niels (10) lässt sich mit Blick auf den Stadionrasen impfenHarald Koch /epd

Hannover (epd). Niels (10) gehört an diesem Nachmittag zu den ersten, die im Fußballstadion von Hannover gegen Corona geimpft werden. Nein, so richtig weh getan hat es nicht, erzählt er, als er anschließend in einer Lounge des Stadions ein wenig verschnauft. „Am Anfang hat man gar nichts gemerkt, aber am Ende einen leichten Piks.“ Aber wichtig ist ja sowieso etwas anderes, sagt Niels: „Ich fühle mich jetzt irgendwie stärker.“ Gemeinsam mit seiner Schwester Merle (8) und seiner Mutter Julia Förster-Gieseke ist Niels an diesem Tag zum „Stadionimpfen“ in die HDI-Arena gekommen, wo sonst bis zu 48.000 Zuschauer den Profis von Hannover 96 zujubeln.

In einem Büro des VIP-Bereichs hat er seine Spritze bekommen, mit direktem Blick durch eine Glasfront in die mächtigen Zuschauerränge. Eigentlich sollte an diesem Tag ein großes Weihnachtssingen im auf den Rängen des Stadions stattfinden, gemeinsam veranstaltet von Hannover 96, den christlichen Kirchen und weiteren Partnern. Doch wegen der hohen Infektionszahlen haben sich die Initiatoren entschieden, die Singaktion in ein großes Impf-Ereignis zu verwandeln.

„Ein Lichtblick!“

„Wichtig ist, das wir, einen attraktiven Ort gefunden haben in der Mitte der Stadt, der auch Kinder anzieht“, sagt Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes. „Das ganze ist ein Lichtblick, das passt in die Zeit, das brauchen wir dringend.“ Das finden auch Niels und seine Schwester. Für das Impf-Event haben sie auch ihren Papa Martin mitgebracht, der sich gleich bei den Erwachsenen eingereiht hat.

Für den Pieks musste mancher etwas warten
Für den Pieks musste mancher etwas wartenHarald Koch / epd

Mindestens 2.500 Menschen sind dem Impfaufruf gefolgt. In langen Schlangen harren sie vor dem Stadion aus und warten bei eisigen Temperaturen, bis sie an der Reihe sind. Gospel-Musiker sorgen mit Weihnachtslieder für ein stimmungsvolles Ambiente, Klinik-Clowns verkürzen mit riesigen Seifenblasen die Wartezeit. Dazu gibt es heißen Kakao und Souvenirs von Hannover 96.

Jan Geissler (45) hat es als einer der ersten bei den Erwachsenen geschafft. In einer Impfkabine streift er sein T-Shirt hoch und lässt sich von einer Krankenschwester seine Dosis Moderna verabreichen. Für ihn ist es schon die dritte Impfung. „Ich wollte vor Weihnachten noch die Booster-Impfung haben“, erzählt er. Dass das nun geklappt hat, findet er „wunderbar“. Bei seinem Hausarzt wäre er erst im Januar drangewesen, diesen Termin kann er nun für andere freigeben.

Auch Oberbürgermeister angetan

Zwei Impfstraßen haben die Helfer vom Arbeiter-Samariter-Bund, von den Maltesern und den Johannitern aufgebaut – eine für Erwachsene und eine für Kinder. Mehr als 20 Kabinen stehen für die Impfungen zur Verfügung. Oberarzt Michael Brackhahn (47) vom Kinderkrankenhaus auf der Bult ist zufrieden mit der niedrigschwelligen Aktion. „Jede Impfung ist ein Gewinn“, sagt er. „Jedes Kind und jeder Jugendliche, der geimpft werden möchte, sollte auch die Möglichkeit dazu erhalten. Denn das ist die einzige Chance, dass die Kinder ihr normales Vereins- und Freundesleben wiederbekommen.“

Auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) findet die Idee des Stadionimpfens überzeugend. Sie könne dazu beitragen, dass viele Menschen die Scheu vor der Impfung ablegen, sagte er im Vorfeld. Denn das Stadion sei ein vertrauter Ort. Der Geschäftsführer von Hannover 96, Martin Kind, ist ebenfalls ganz angetan: „Ich bin ein bisschen stolz, für was so eine Arena alles verwendet werden kann: Fußball, Singen und jetzt Impfen.“ Und Stadtsuperintendent Müller-Brandes versichert: „Das Stadionsingen machen wir nächstes Jahr.“ (epd)